: Israel: Keine Angriffspläne gegen Iran
Die Regierung in Jerusalem streitet einen Pressebericht über die Bombardierung von Atomanlagen ab. Ex-Luftwaffen-Chef: „Die Armee ist auf jede Möglichkeit vorbereitet.“ Die iranische Führung will bei jedem Angriff zurückschlagen
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Das israelische Außenministerium hat Medienberichte abgestritten, denen zufolge Israel den Angriff auf drei iranische Atomanlagen plant. Wie die britische Sunday Times gestern schrieb, bereiten sich zwei Fliegerstaffeln der israelischen Luftwaffe unter anderem auf die Bombardierung einer Uran-Anreicherungsanlage vor. Verteidigungsminister Efraim Sneh hatte während einer israelischen Talkshow vor einigen Wochen bereits die Notwendigkeit der Vorbereitung eines „Erstschlags“ angesprochen. Offiziell hält sich die Regierung an die Version, die Krise „auf diplomatischem Weg beizulegen“. Der iranische Außenamtssprecher Mohammed Ali Hosseini erklärte, eine Militäraktion gegen die Islamische Republik werde „nicht ohne Antwort bleiben“.
Die israelische Führung bleibt ihrem Prinzip treu, diskret mit den Säbeln zu rasseln und dabei gleichzeitig den Schein der Unschuld zu wahren. Nicht anders war schon Ehud Olmerts „Versprecher“ in Berlin vor knapp vier Wochen zu werten, als der israelische Premierminister wie nebenbei Israel in die Reihe der Atommächte eingliederte.
Als „theoretisch realistisch“ bezeichnete Efraim Kam, Vizedirektor des Instituts für nationale Sicherheitsforschung, die Möglichkeit eines israelischen Angriffs mit atomaren Waffen. Kam schränkte allerdings ein, dass diese „radikale Maßnahme“ erst eingesetzt werden sollte, wenn andere Wege ausgeschlossen sind. Selbst wenn ein Angriff geplant werde, müssten dabei nicht zwingend atomare Waffen eingesetzt werden.
Unter israelischen Wissenschaftlern und Militärexperten schien bislang ein Konsens darüber zu bestehen, dass Israel für einen Alleingang gegen den Iran nicht nur die militärischen Möglichkeiten, sondern vor allem auch die nachrichtendienstlichen Informationen fehlten, um das iranische Atomprogramm komplett stoppen zu können. Während die Londoner Zeitung von zunächst nur drei möglichen Angriffszielen berichtet, spricht Kam von „mehreren zig Anlagen“, auf die das iranische Atomprogramm verteilt sei. Allerdings gelten „drei bis vier“, so Kam, als „besonders kritisch“. Eine Zerstörung der entsprechenden Anlagen könnte die iranische Entwicklung „deutlich zurückwerfen“.
Die Armee sei „auf jeden Fall vorbereitet“, so der ehemalige Chef der Luftwaffe, Eitan Ben Eliahu, gegenüber der Online-Ausgabe der auflagenstärksten israelischen Tageszeitung Jediot Ahronot am Sonntag. Dennoch bestehe zwischen der Fähigkeit eines Angriffs und „dem konkreten Zeitungsbericht ein großer Unterschied“. Übungsflüge, wie sie in der Sunday Times beschrieben werden, seien für die israelische Luftwaffe nicht ungewöhnlich. Auch als die Luftwaffe noch unter seinem Kommando stand, so Ben Eliahu, hätte die Piloten „nicht nur Angriffe auf den Iran, sondern auch auf entferntere Ziele im nördlichen Syrien“ geprobt.
Allein aus Sorge vor diplomatischen Folgen hält der Iran-Experte Ejal Sisser von der Universität Tel Aviv einen israelischen Alleingang für ausgeschlossen. Die atomare Bedrohung sei nicht nur Israels Problem. „Warum sollten wir allein den Kopf hinhalten“, fragt er. Umgekehrt rechnet Sisser aber nicht mit einem iranischen Atomangriff auf Israel.
Berichten der liberalen Tageszeitung Ha’aretz zufolge strebt Israel derzeit eine engere Zusammenarbeit mit den USA im Bereich der Raketenabwehr an. Das Interesse gilt vor allem dem amerikanischen Projekt Terminal High Altitude Aria Defense (THAAD) und der Entwicklung einer Rakete, die die angreifende Rakete noch in der Luft abfängt. Die USA hatten in der Vergangenheit eine Reihe so genannter Patriot-Raketen stationiert, die sich während des Golfkrieges Anfang der 90er-Jahre als wenig effektiv bewiesen, seither aber weiter entwickelt worden sein sollen. Die israelische Luftwaffe arbeitet zudem am eigenen System „Pfeil“, das den Berichten zufolge bei Testläufen gute Ergebnisse erreicht habe.