: Der freie Wettbewerb der Label
Hamburgs FDP will mit einem Konzept der „Freien Stadt“ nächstes Jahr wieder in die Bürgerschaft einziehen
Nun hat auch die FDP ein Label für die Hansestadt entworfen. Keine „Wachsende Stadt“ (CDU), keine „Menschliche Metropole“ (SPD), keine „Kreative Stadt“ (GAL) schwebt den Liberalen vor, sondern eine „Freie Stadt“. So lautet der Titel eines 64-seitigen Wahlprogramms, das der Landesvorstand jetzt entworfen hat, um bei der Bürgerschaftswahl in einem Jahr mal wieder ins Rathaus einzuziehen. 2004 flog die FDP mit 2,8 Prozent aus Rechtssenat und Parlament, eine Umfrage bescheinigt ihr zurzeit 3,0 Prozent. Beschlossen werden soll das Papier auf einem Parteitag am 24. Februar.
Die blau-gelbe Freiheit besteht vordringlich aus Wettbewerb. Dem hätten sich Strom- und Gasanbieter ebenso zu stellen wie verstärkt die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und die städtischen Sozialwohnungsunternehmen Saga und GWG. In beiden Fällen ist jedoch nicht ausdrücklich von Privatisierung die Rede. Verkauft werden sollte hingegen die Stadtreinigung, den Flughafen sähe die FDP gerne an der Börse und auch einen teilweise Verkauf der Hochbahn hält sie für möglich. Mit den Erlösen sollen die städtischen Schulden gesenkt werden.
Die Beschränkung von Tempo-30-Zonen und die Reduzierung von Radarkontrollen hält die FDP für Bestandteile freiheitlicher Verkehrspolitik, ebenso ein knappes Dutzend Autobahnausbauten in und um Hamburg, die Elbvertiefung, eine Brücke über den Fehmarnbelt und einen Transrapid zwischen Hamburg, Bremen und Amsterdam.
Fast ein Viertel des Entwurfs ist, wenngleich nicht sehr präzise, dem Thema Bildung gewidmet. Viel soll „evaluiert“ oder „angestrebt“ werden, klar ist nur auch hier das Bekenntnis zu „Vielfalt“ und „Wettbewerb“. Keine „Schule für alle“ streben die Liberalen an, sondern „für jeden die richtige Schule“. Die Eltern sollten „aus einem vielfältigen Angebot die passende Schule für ihr Kind aussuchen“.
Wettbewerbsfixiert zeigen die Freidemokraten sich selbstredend auch bei der Energie. Deshalb lehnen sie konsequent „Strom aus regenerativen Quellen, der unwirtschaftlich gewonnen wird, ab“. Alle „Subventionen“ dafür will die FDP streichen und lieber die „Laufzeit der Kernkraftwerke verlängern“. Die bestehenden Naturschutzgebiete in Hamburg immerhin sollen bleiben dürfen.
Freiheit á la FDP meint aber weiterhin durchaus auch Bürgerrechte. In der Innenpolitik sollen deshalb sämtliche Instrumente „staatlicher Überwachung“ entfallen. Videoüberwachung im öffentlichen Raum, „Lauschangriffe“ auf Wohnungen und Telefone, Rasterfahndung oder verdachtsunabhängige Personenkontrollen lehnt „die FDP als Rechtsstaatspartei“ rundweg ab.
Doch selbstredend wären die Liberalen nicht die selbst ernannte Wirtschaftspartei ohne ihre Grundforderung nach einer „Kehrtwende“ in der Steuerpolitik. Von der Erhöhung der Umsatzsteuer halten sie nichts, und von der Gewerbesteuer schon gar nichts. Sven-Michael Veit