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berliner szenen Präsenz ist alles

Das Jobwunder

Während die einen verzweifelt Arbeit suchen, hat G. es geschafft: eine unbefristete Stelle bei der Landesdenkmalbehörde. „Wie bist du denn da reingekommen, die haben doch seit Jahren Einstellungsstopp?“ G. winkt lässig ab: „Alles eine Frage von Initiative und Timing. Als ich letztens wegen eines Antrags dorthin musste, hatte ich mich in der Tür geirrt und bin auf ein leeres Büro gestoßen. Etwas verstaubt zwar, aber mit zwei Schreibtischen, funktionierendem Computer, Drucker. Zuhause war mein Arbeitszimmer gerade von den Schwiegereltern okkupiert, also habe ich mich am nächsten Tag eben da reingesetzt, schön ruhig war es und gut geheizt. Nach einer Woche kam ein älterer Herr etwas erregt herein und fragte, wo ich denn bliebe, die Besprechung finge gleich an. Als die ständigen Anfragen und Termine überhand nahmen, habe ich auf Anstellung geklagt. Aufgrund meiner Ausbildung mussten sie mich dann als wissenschaftlichen Mitarbeiter einstellen.“

Ich murmelte fassungslos etwas von Glück und Verstand, aber G. hatte den Zufall bestens organisiert. Und nicht nur den: „Ich hab mich mal ein bisschen in den Ämtern umgetan, allenthalben gibt es freie Büros und genug zu tun. Dutzende Personen habe ich schon untergebracht. Die einzige Schwierigkeit bei der Sache ist, sich unauffällig in die Abläufe einzufügen, dafür habe ich einschlägige Verwaltungsexperten an der Hand. Guck dir mal an, wen ich bisher untergebracht habe!“ Stolz verweist er auf seine Kartei. „Die? Und den auch?!“ – „Keine Namen, gerade in den Bundesministerien weiß doch sowieso niemand, wer wo hingehört. Man behauptet, man sei aus Bonn, Brüssel oder sonst wo, und schon fragt keiner mehr nach. Da zählt allein die Präsenz!“ CARSTEN WÜRMANN

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