Europas „Patrioten“ sammeln sich

Rechtsextreme Abgeordnete im Europaparlament wollen eigene Fraktion gründen. Möglich wird dies durch Parlamentarier aus Rumänien und Bulgarien. Dem künftigen Fraktionsvorsitzenden Gollnisch wird Holocaust-Leugung vorgeworfen

AUS BRÜSSEL RUTH REICHSTEIN

Die Namen lesen sich wie die Crème de la Crème der Rechtsextremen in Europa: von der französischen Front National Jean-Maire Le Pen und seine Tochter Marine, der Vorsitzende des belgischen Vlaams Belang Frank Vanhecke, die Enkelin des italienischen faschistischen Diktators, Alessandra Mussolini. Alle sind Mitglieder im Europäischen Parlament und sie sind es auch, die am kommenden Montag eine neue EP-Fraktion gründen wollen: ITS soll sie heißen – die Abkürzung für Identität, Tradition und Souveränität. „Wir wollen für die nationalen Interessen und gegen einen europäischen Superstaat kämpfen“, sagte Bruno Gollnisch von der Front National, der zukünftige Vorsitzende der Fraktion.

Möglich wurde die Gründung einer rechtsextremen Gruppe durch die neuen Abgeordneten aus Bulgarien und Rumänien. Die Regeln im EU-Parlament schreiben vor, dass eine Fraktion aus mindestens 20 Mitgliedern aus sechs verschiedenen Ländern bestehen muss. Und genau diese Zahl ist mit einem bulgarischen Abgeordneten von der Partei Ataka („Angriff“) und fünf Parlamentariern der Großrumänienpartei PRM erreicht. Außerdem wollen sich an der Gruppe Abgeordnete aus Großbritannien, Frankreich, Belgien, Österreich und Italien beteiligen.

„Wir sind keine faschistische oder antisemitische Vereinigung. Wir setzen uns nur für die Interessen unserer Bürger und unserer Länder ein. Wir sind eine Gruppe von Patrioten“, sagte Gollnisch. Seine Fraktion werde ihre Politik auf Werte wie Familie, Christentum und absolute Souveränität der Nationalstaaten stützen. Dennoch: Gollnisch muss sich wegen Verleugnung des Holocaust vor Gericht verantworten. Die Vorgängerpartei des Vlaams Belang wurde wegen rassistischer Äußerungen von einem Gericht verboten, und auch einige der rumänischen Abgeordneten sind für ihre antisemitischen Sprüche bekannt.

Diese bunte Ansammlung von Rechten verspricht sich von ihrem Zusammenschluss vor allem mehr Einfluss in den Gremien des Parlaments. „Bisher ist es uns unmöglich, einen Vize-Präsidenten und Vorsitzende für die Ausschüsse zu stellen. Das soll sich jetzt ändern“, sagte Philip Claeys vom belgischen Vlaams Belang. Der Vorsitzende der neuen Fraktion könnte in Zukunft an den Treffen der Fraktionsvorsitzenden teilnehmen, die zum Beispiel die Tagesordnung des Parlaments bestimmen. Außerdem bekommen die Politiker mehr Geld für ihre Angestellten und Änderungsanträge können einfacher gestellt werden.

Die Grünen im EP befürchten dennoch keine Stärkung der Rechtsextremen: „Wir haben sie jetzt im Parlament und sie haben praktisch keine Stimme. Wir werden auch weiterhin alles tun, um sie zu isolieren“, sagt Monica Frassoni, Vorsitzende der Grünen-Fraktion.

Ob die Fraktion tatsächlich gegründet wird, entscheidet sich erst am Montag. Bisher haben nur drei Abgeordnete ihre Absicht erklärt, der Fraktion beizutreten. Ihre Unterschrift unter dem formellen Antrag fehlen aber noch.