: Keine Nachrichten über Tote im Knast
Justizsenatorin von der Aue verteidigt ihre Anweisung, keine Todesfälle mehr aus den Gefängnissen zu melden
Jahrzehntelang war es Praxis, dass die Justizpressestelle die Öffentlichkeit in einer kurzen Mitteilung über alle Suizide und Todesfälle in den Berliner Vollzugsanstalten unterrichtete. Damit ist nun Schluss. Der Schutz des Persönlichkeitsrechtes des toten Gefangenen und seiner Angehörigen sei wichtiger als der Anspruch der Öffentlichkeit auf Information, befand die neue Justizsenatorin Giesela von der Aue (SPD) kurz vor Weihnachten (die taz berichtete). Grund für die Opposition, das Thema am Mittwoch bei der ersten Sitzung des parlamentarischen Rechtsausschusses im neuen Jahr auf die Tagesordnung zu setzen.
Schon im Dezember, als die Entscheidung ruchbar geworden war, sah sich von der Aue dem Vorwurf der Opposition ausgesetzt, sie würde die Zustände in den Haftanstalten verdunkeln und vernebeln. So lautete die Kritik auch am Mittwoch. Gerade bei den Gefängnissen müsse größtmögliche Transparenz herrschen, sagte gestern der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrend. „Gefangene wünschen sich mehr Öffentlichkeit.“ Niemand bringe sich aus „Jux und Dollerei“ um.
Das Argument des Persönlichkeitsschutzes lässt Behrend nicht gelten, zumal Tote nur noch ein abgeschwächtes Persönlichkeitsrecht genießen würden. Was die Angehörigen angehe, müsse die Justizverwaltung diese informieren, bevor die Öffentlichkeit unterrichtet wird. „Damit wäre sichergestellt, dass sie die Todesnachricht nicht aus der Zeitung erfahren.“
Aber es bleibt dabei. Im Rechtsausschuss bekräftigte von der Aue ihre Entscheidung damit, sie habe die Rückendeckung des Berliner Datenschutzbeauftragten. „Rechtlich sind wir auf der sicheren Seite“, sagte Justizsprecherin Juliane Baer-Henney der taz. Den Umkehrschluss, dass die bisherige Praxis rechtswidrig war, möchte Baer-Henney allerdings nicht ziehen. „So weit würde ich nicht gehen.“ Lediglich in Fällen, wo es Anhaltspunkte auf Misstände im Vollzug, Fremdverschulden, Fehlverhalten von Beamten oder organisatorische Mängel gebe, werde die Justizpressestelle die Öffentlichkeit noch von sich aus über einen Suizid oder Todesfall informieren. Allerdings habe von der Aue den Abgeordneten das Angebot gemacht, halbjährlich über die Statistik von Todesfällen in den Vollzugsanstalten zu berichten. „Das stellt uns überhaupt nicht zufrieden“, so Behrend. Fazit der Grünen: Sie wollen jeden Monat eine kleine Anfrage zu den Todesfällen starten.
Plutonia Plarre