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Archiv-Artikel

Der Boulevard des Widerstands

Hier wurde Bushs Strategie bereits getestet. In der Haifa-Straße von Bagdad unterstützen irakische Einheiten die US-Truppen – ohne Erfolg

Kairo taz ■ Die Haifa-Straße im Zentrum Bagdads steht ebenso wie die jetzt von US-Präsident George W. Bush verkündete Truppenverstärkung als ein Symbol für das Bemühen, die Lage im Irak doch noch unter Kontrolle zu bekommen. In dieser Woche starben dort über 50 Menschen, als die US-Armee, zusammen mit irakischen Soldaten, sich dort tagelang heftige Gefechte mit sunnitischen Aufständischen lieferte. Obwohl mehr als tausend Soldaten im Einsatz waren, mussten am Ende Kampfhubschrauber zur Unterstützung herbeigerufen werden, die Ziele mitten in der Hauptstadt bombardierten.

Die Operation könnte sich als zukunftweisend für die neue US-Strategie erweisen, deren erklärtes Ziel es ist, wenigstens in Bagdad wieder Ordnung herzustellen. Die Geschichte der Haifa-Straße seit Beginn des Krieges gibt allerdings wenig Anlass zum Optimismus.

Die vier Kilometer lange Trasse, gesäumt von Hochhäusern und majestätischen Palmen, schließt an einem Ende fast an dem imperialen Torbogen an, der in die Grüne Zone führt, dem Sitz der irakischen Regierung und der amerikanischen Macht im Irak.

Es ist kein Zufall, dass die Haifa-Straße seit Jahren als Hochburg der Aufständischen gilt. Saddam hatte an dieser Stelle in den 80er-Jahren die alte Stadtmauer niederwalzen und an ihrer Stelle eine Promenaden-Straße errichten lassen. Um seine Unterstützung für die Palästinenser zum Ausdruck zu bringen, hatte er sie Haifa benannt. In die neuen Häuser zogen dann seine Loyalisten, Mitglieder der Baathpartei und Familien der sunnitischen Mittelschicht. Auch zahlreiche Migranten aus Saddams Heimatstadt Tikrit begannen dort ein neues Leben.

Vor drei Jahren entwickelte sich diese Straße dann aufgrund der zahlreichen Hinterhalte der Aufständischen erstmals zu einem Alptraum für US-Soldaten. „Purple Heart Boulevard“ wurde die Straße von den US-Militärs inoffiziell getauft, nach dem Namen des Ordens, der im Einsatz verletzten oder getöteten US-Soldaten verliehen wird. Der einfache GI sagt dagegen lieber „Granaten-Gasse“. Im Juli 2004 begann die „Operation Haifa-Street“. Mehr als 3.000 Soldaten waren damals im Einsatz, um die Straße „von Aufständischen und kriminellen Elementen zu säubern“. Bereits damals wurde der Fall getestet, dass irakische Truppen nach den Razzien übernehmen. Im Kleinen wurde damals versucht, was Bush nun als neue Strategie verkauft. Eine irakische Armeebrigade mit zwei Bataillonen wurde in unmittelbarer Nähe stationiert und sollte das neu gewonnene Territorium halten. „Wenn die Haifa-Straße unter Kontrolle gebracht wird, bedeutet das einen großen Schritt, die Ordnung in der Fünf-Millionen-Stadt wieder herzustellen. Die Botschaft lautet, die Aufständischen können geschlagen werden“, frohlockte im März 2005 die New York Times.

Zwei Jahre und viele Autobomben später fangen die US-Truppen auf der Haifa-Straße wieder von vorne an. Mit dem Unterschied, dass sich die Lage weiter kompliziert hat und inzwischen jede Tat im Rahmen des Bürgerkrieges interpretiert wird. Die Vereinigung Muslimischer Rechtsgelehrter verurteilte die US-Militäroperation der vergangenen Woche als ein „blutiges Massaker auf konfessioneller Grundlage“. Laut dem sunnitischen Parlamentsabgeordneten Adnan Duleimi sollen am Sonntag vor der Operation schiitische Milizionäre der Mahdi-Miliz 15 Anwohner in der Haifa-Straße getötet und deren Leichen aus den Häusern geworfen haben, bevor sie „zurückgeschlagen werden konnten“. Die Schlussfolgerung der Sunniten in den Wohngebieten um die Haifa-Straße könnte für die US-Armee fatal sein: Sie werfen den amerikanischen Soldaten vor, im Bürgerkrieg auf einer Seite mitzukämpfen.

KARIM EL-GAWHARY