: Kaum beachtetes Obdach
Weil es immer noch zu wenig Möglichkeiten gibt, sein Fahrrad sicher und wettergeschützt abzustellen, stauben die meisten Drahtesel in Kellern oder Wohnungsfluren ein. Die beiden Fahrradparkhäuser in Hamburg etwa stehen fast leer
von Maren Schultz
Im Laden von Norbert Gräber sind leichte Räder der Renner. Die meisten seiner Kunden müssten ihre Räder treppauf-treppab in den Keller oder in die eigene Wohnung tragen. „Das ist der Grund, warum immer mehr Leute „leichte“ Fahrräder haben wollen“, sagt der Hamburger Fahrradhändler. Denn die Zahl der Vermieter, die sich um Abstellmöglichkeiten vor dem Haus kümmert, ist klein. In den Wohnungen versperren die Drahtesel den meist ohnehin schon engen Flur oder sie bleiben gleich auf dem Treppenabsatz stehen, zum Verdruss der übrigen Hausbewohner. Heute gibt es aber eine Reihe pfiffiger Möglichkeiten, ein Rad sicher, platzsparend und auf eine Weise unterzubringen, die Ärger mit den Nachbarn vermeidet.
Auch wer eine Mini-Wohnung hat, muss nicht gleich einen Flaschenzug installieren, mit dem das Rad unter die Decke gehievt oder vor den Balkon gehängt werden kann. Schlichtere Lösungen bietet der Fahrradladen Richter aus Itzehoe an: kurze Metallbügel, die knapp unter der Zimmerdecke an die Wand geschraubt werden und an die das Rad mit dem Rahmen oder dem Vorderrad gehängt werden kann. Unter www.fahrrad-richter.de gibt es Abbildungen der verschiedenen Modelle in allen Preisklassen.
Um vor den Häusern Abstellmöglichkeiten zu schaffen, sind in Hamburg jahrelang zwölfeckige Fahrradhäuschen für je zwölf Räder aufgestellt worden. Im letzten Jahr kamen jedoch nicht mehr ganz so viele hinzu, wie in den ersten Jahren. „Der Bedarf ist weitgehend gedeckt“, so Olaf Böhm von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU). Prinzipiell würden die Häuschen auch weiterhin finanziell gefördert, versichert er. Das übernehmen aber nicht mehr die Bezirke, sondern die BSU direkt. Insgesamt 300 Häuschen gebe es mittlerweile in der Stadt, so Böhm.
Meistens müssen die Mieter auf eigene Faust tätig werden, um eine wettergeschützte Abstellmöglichkeit außerhalb des Hauses zu erhalten. Ein Beispiel dafür ist das Wohnprojekt in der Ludwigstraße. Dort gibt es seit über sechs Jahren vertikale Fahrradständer im Hof, in denen die Mieter ihre Räder platzsparend unterbringen können. Doch das Projekt ist bereits an seine Grenzen gestoßen. Etwa doppelt so viele Räder, wie in den Ständern Platz finden, stehen zusätzlich im Hof oder vor dem Haus, Platz für weitere Ständer gibt es nicht mehr.
Eher für Pendler gedacht sind Fahrradparkhäuser. Zwei davon gibt es in Hamburg, die Fahrradstation Dammtor-Rothenbaum direkt an der Uni und das Fahrradparkhaus am Bahnhof Altona. Bei beiden zeigt sich das gleiche Bild: Sie werden nicht ausreichend genutzt. Am Dammtor gibt es 66 „Dauerparker“, die restlichen 134 Plätze bleiben meistens leer, nur wenige Tagesgäste parken ihr Rad dort. Ähnlich ist die Situation in Altona. Während im Fahrradparkhaus nur wenige Ständer belegt sind, steht der Platz rund um den Bahnhof voller Räder. Bei starkem Wind liegt dann die Mehrheit auch noch umgefallen auf dem Boden. Von den 99 Plätzen im Parkhaus werden nur 20 regelmäßig genutzt. Dabei kann der moderate Preis eigentlich kein Grund für die schwache Resonanz sein.
Das Problem ist ein anderes: Kaum einer kennt das Fahrradparkhaus in Altona. Zwar existiert es auch erst sei einem knappen Jahr, doch für seine Bekanntheit hat der Betreiber, der Service Punkt Altona, noch nicht viel getan. „Wenn im Frühling die Fahrradsaison wieder beginnt, wollen wir zusammen mit dem Altonaer Turnverein einen Fahrradverleih organisieren und weiter auf uns aufmerksam machen“, so der Geschäftsführer des Service Punktes, Dieter Bensmann.
Auch in anderen Städten gibt es Fahrradparkhäuser - mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. In Bremen ist die Auslastung auch nicht so, wie sich das die Betreiber wünschen. Dort drehten sogar schon Politiker eine Runde auf dem Bahnhofsvorplatz, um das Angebot bekannt zu machen. Für „Dauerparker“ rund um die Uhr geöffnet ist das Fahrradparkhaus in Lüneburg. Das ist wahrscheinlich mit ein Grund dafür, dass es wesentlich besser angenommen wird als die Parkhäuser in Bremen oder Hamburg.
Dort stehen die Fahrräder in der Innenstadt meist weiterhin an Straßenlaternen oder Schildern oder in den wenigen engen Fahrradständern, die einige Geschäfte aufstellen. Weil man an diesen aber nur das Vorderrad am Ständer abschließen kann, wird es Fahrraddieben leicht gemacht. Oft bleibt nur das Vorderrad zurück, der Rest des Rades ist nach dem Einkaufsbummel weg. Am besten geeignet seien die klassischen Fahrradbügel, an denen die Radler immer auch den Rahmen mit anschließen könnten. Nur diese böten einen sicheren Schutz vor Diebstahl, schreibt der ADFC Hamburg in seiner Zeitschrift Radwelt. Doch die Anzahl der Bügel ist weiterhin sehr gering. Oft werden sie nicht aufgestellt, weil sie es den Fußgängern angeblich erschweren, die Straße zu überqueren.
Dass bessere Parkmöglichkeiten für Fahrräder nicht nur allein den Radfahrern zu Gute kämen, hat Norbert Gräber schon lange erkannt. „Es müsste in der Stadt einfach mehr Möglichkeiten geben, Fahrräder diebstahlsicher anzuschließen. Wenn die Vermieter dann noch für gute Abstellplätze vor dem Haus sorgen würden, die Fahrradbesitzer ihre Räder also nicht jedesmal aus dem Keller oder der Wohnung tragen müssten, würden sie auch öfter mit dem Rad fahren und das Auto stehen lassen“, ist er überzeugt. „So könnten auch gleichzeitig die Staus verringert werden.“