Späte Anklage

Argentiniens Justiz erlässt Haftbefehl gegen die in Spanien lebende Expräsidentin Isabel Perón (1974–76)

BUENOS AIRES taz ■ Die argentinische Justiz hat am Donnerstag internationalen Haftbefehl gegen die ehemalige Präsidentin María Estela Martínez de Perón erlassen. Bundesrichter Raúl Acosta hat den Haftbefehl bereits an Interpol weitergeleitet, um die seit 1981 in Spanien lebende 75-jährige Expräsidentin zu verhaften.

Der Haftbefehl bezieht sich auf die Entführung des damals 24-jährigen Héctor Fagetti am 25. Februar 1976, einen Monat vor dem Militärputsch. Fagetti war am 10. März jenes Jahres letztmals gesehen worden. Seither ist er verschwunden. Der Richter stützt seine Anklage auf die Unterzeichnung dreier Dekrete am 6. Oktober 1975 durch die damalige Präsidentin Isabel Perón.

Ziel der Dekrete war „die Vernichtung der subversiven Elemente.“ Die argentinische Justiz hatte dies Ende letzten Jahre zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärt. Damit ist eine Verjährung daraus folgender Straftaten nicht möglich. Ebenfalls angeklagt ist der damalige Arbeitsminister Carlos Ruckauf. Auch seine Unterschrift steht unter den Dekreten. Ruckauf konnte bisher eine Verhaftung umgehen, da er als Kongressabgeordneter politische Immunität genießt.

María Estela Martínez de Perón, genannt Isabel, war 1973 als Vizepräsidenten ihres Ehemanns Juan Domingo Perón gewählt worden. Nach Peróns Tod 1974 wurde sie dessen Nachfolgerin im Präsidentenamt. Sie führte die Regierungsgeschäfte bis zum Putsch der Militärs am 24. März 1976. Ihre Regierungszeit war geprägt von gewaltsamen Auseinandersetzungen. Am Tag des Putsches wurde sie festgenommen und unter Hausarrest gestellt. JÜRGEN VOGT