: Kokabauern gegen Autonomie
Straßenschlachten im bolivianischen Cochabamba. Der Gouverneur will mehr Eigenständigkeit für die reiche Provinz. Demonstranten fordern seinen Rücktritt.
BUENOS AIRES taz ■ Mit Schlagstöcken, Steinen und vereinzelt mit Pistolen sind am Donnerstag in der bolivianischen Stadt Cochabamba zehntausende Anhänger und Gegner von Präsident Evo Morales aufeinander losgegangen. Die Bilanz: Der Kokabauer Nicómedes Gutiérrez (40) und der 16-jährige Cristian Urresti sind tot, über hundert Menschen wurden verletzt.
Gutiérrez war einer der Kokabauern und Gewerkschafter, die seit Anfang der Woche den zentralen Platz von Cochabamba besetzt halten und die Zufahrtsstraßen blockieren. Cristian Urresti hatte am Donnerstag an der Gegendemonstration der „Jugend für die Demokratie“ teilgenommen. Während Kokabauern und Gewerkschafter den Rücktritt von Provinzgouverneur Manfred Reyes Villa fordern, zogen die Jugendlichen zur Unterstützung von Reyes Villa durch die Straßen. Als beide Gruppen aufeinander trafen, eskalierte die Gewalt.
In der Provinz Cochabamba gärt es, seit Gouverneur Manfred Reyes Villa Mitte Dezember ein neuerliches Referendum über den Autonomiestatuts der Provinz angekündigt hatte. Beim Referendum am 2. Juli 2006 über diese Frage hatte sich die Bevölkerung von Cochabamba gegen mehr Eigenständigkeit ausgesprochen. Reyes Villa hatte das Votum jedoch nicht anerkannt und die Informationspolitik der Regierung sowie mangelnde Transparenz dafür verantwortlich gemacht.
Die Regierung von Präsident Evo Morales wendet sich gegen weitere Autonomiebestrebungen der reichen Provinzen im Norden Boliviens. Landesweit hatte sich im Juli eine Mehrheit von 56 Prozent gegen mehr Autonomie ausgesprochen. Die bürgerliche Opposition siegte hingegen in den vier östlichen Provinzen Santa Cruz, Tarija, Beni und Pando. In Santa Cruz, der Hochburg der Autonomiebewegung, stimmten 72 Prozent mit Ja. Nachdem Reyes Villa sich abermals in die Reihe der oppositionellen Gouverneure eingereiht hatte, waren am 4. Januar regierungstreue Kokabauern, Campesinos und Gewerkschafter nach Cochabamba gezogen und hatten seinen Rücktritt gefordert. Am Montag hatten Demonstranten das Gebäude der Provinzregierung angegriffen. Zwischenzeitlich bot die Regierung in La Paz dem Gouverneur an, sich gegen die Rücktrittsforderung auszusprechen, sollte er auf das Referendum verzichten. Manfred Reyes Villa machte jedoch die Regierung von Präsident Evo Morales für die Gewalt verantwortlich. Einen Rücktritt lehnte er ab. JÜRGEN VOGT