: Nazis entdecken Kevin für sich
NPD-gesteuertes „Bündnis gegen Gewalt“ will vor Klinikum Ost gegen Therapie von „Kindermördern“ demonstrieren
Während der Fall Kevin einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beschäftigt, versucht die Bremer Nazi-Szene politisches Kapital aus der Angelegenheit zu schlagen. Unter dem Motto: „Ihr werdet’s nie kapieren, Kindermörder kann man nicht therapieren“ hat ein „Bremer Bündnis gegen Gewalt“ für kommenden Samstag eine Kundgebung vorm Zentralkrankenhaus Ost (ZKH) angemeldet. Kevins drogenkranker Ziehvater ist dort derzeit in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie untergebracht.
Anmelder der Demo ist Sascha Humpe aus Bremen-Nord, „Kreisjugendreferent“ der Bremer NPD. Das „Bremer Bündnis gegen Gewalt“ rekrutiert sich aus deren Reihen, zudem wirken Mitglieder der rechtsradikalen Hooligan-Szene, den „Backstreet-Skinheads“ sowie der „Freien Nationalisten“ aus Bremen und Niedersachsen mit. Die Veranstalter rechnen mit 70 Teilnehmern. Ob das Stadtamt die Kundgebung in dieser Form zulässt, ist fraglich: Für ein Verbot spricht der Kundgebungsort direkt neben der Haupteinfahrt des Krankenhauses. Zudem müsste die stark befahrene Züricher Straße fast ganztägig gesperrt werden.
Auf einer Sondersitzung soll der Ortsbeirat Osterholz heute, seinem Sprecher Walter Wilkens zufolge, einen Beschluss gegen die Versammlung herbeiführen. Wilkens bezeichnete die Kundgebung als einen „Angriff auf Patienten und Beschäftigte des ZKH“. Dass die NPD das Schicksal des Jungen ausschlachte, sei „unerhört“. Schließlich blicke die Psychiatrie des ZKH auf eine „leidvolle Geschichte“ zurück. Nach Hitlers Machtübernahme hatte man das alte Personal der Abteilung durch Nazis ersetzt. Viele PatientInnen wurden bis 1945 in NS-Euthanasieanlagen gebracht und dort mit Giftspritzen getötet. An diese Tradition knüpfe die NPD an, so Wilkens: „ ‚Kindermörder kann man nicht therapieren‘ – da frage ich mich doch: wie geht der Satz weiter?“ Zu einer Gegenkundgebung hat unterdessen das „Keinen-Meter“-Bündnis aufgerufen. Es hatte im November die Demo gegen den NPD-Aufmarsch in Gröpelingen organisiert. Christian Jakob