NACH ÖLHAVARIE VOR NORWEGENS KÜSTE: DIESEL IST BESSER ALS SCHWERÖL : Schmutzteufel im Schiffsmotor
In den nächsten Tagen werden viele Zeitungen wieder einmal das klassische Motiv „Seevogel im Todeskampf in klebrigem Ölteppich“ drucken. Dabei stammt der Ölmatsch, der nach der Havarie der „Server“ nun die Küsten Westnorwegens verschmutzen und zu tausendfachem Vogeltod führen wird, nicht einmal aus einem leckgeschlagenen Tanker. Sondern „nur“ aus dem Treibstofftank eines solchen Frachters, wie sie tagtäglich zu zehntausenden die Meere kreuzen. Die UN-Seefahrtsorganisation IMO schätzt, dass 40 Prozent aller Ölverschmutzung nicht von Tankschiffhavarien verursacht werden, sondern aus just dieser Quelle stammen.
Es ist der dickflüssige Schiffsmotorentreibstoff Schweröl, der sich im Wasser nicht verteilt, sondern zusammenklumpt und als Ölteppich an die Strände getrieben wird. Natürlich hat auch der mögliche Ersatztreibstoff Diesel nichts im Meer verloren; aufgrund seiner löslichen Komponenten ist er sogar giftiger als Schweröl. Aber weil er sich leichter mit Wasser vermischt, ein Großteil verdunstet und er nur kurze Zeit an der Oberfläche schwimmt, gilt er den meisten Ökologen doch als das kleinere Übel. Innerhalb der IMO gibt es daher schon seit längerer Zeit Bestrebungen, das Schweröl als Schiffstreibstoff auszuphasen.
Dagegen wehrt sich die Reederei-Branche. 150 Tonnen Öl werden beim Betrieb eines größeren Frachters täglich verfeuert: Da ist es natürlich ein Kostenfaktor, ob die 3.000 bis 4.000 Tonnen fassenden Treibstofftanks mit billigem Schweröl oder doppelt bis dreifach so teurem Diesel gefüllt werden müssen. Doch das ist ein künstlich geschaffenes Preisverhältnis, das von den Ölkonzernen geschaffen wird: Ihnen dienen die Schiffsmotoren als Abfallverbrenner ihrer veralteten Raffinerien.
Es muss nicht erst zu einer Havarie kommen, um ökologische Argumente gegen das Schweröl und dafür zu finden, das bislang vernachlässigte Problem der Schiffsmotoren als Quelle der Umweltverschmutzung endlich anzugehen. Noch sind die Öl- und Kohlekraftwerke die größten Schwefeldioxidverursacher in der EU. Doch in zehn Jahren werden die Schiffsschornsteine sie als Dreckschleudern überholt haben. REINHARD WOLFF