: Mit Müll spielt man nicht
ENTSORGUNGSDEBATTE Grüne verweigern sich einer Vorabfestlegung in der Müllabfuhrfrage: Umweltsenator Joachim Lohse will keine Abenteuer und sieht sich auch gegenüber Nehlsen-Mitarbeitern in der Pflicht
MAIKE SCHAEFER, UMWELTPOLITIKERIN
Ohne sich vorab auf eine Position festzulegen, haben die Grünen bei ihrer Landesmitgliederversammlung am Samstag die parteiinterne Diskussion um die Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft eröffnet. Es sei wichtig, „einen solchen Rückkauf nicht mit falschen Versprechungen lecker zu machen“, betonte Umweltpolitikerin Maike Schaefer: „Wenn wir die nicht halten können, haben wir die Torte im Auge.“
Die Grünen hatten 1998 gegen den vollständigen Verkauf des Entsorgungsgeschäfts an die Nehlsen AG gekämpft. Man halte ihn „immer noch für einen Fehler“, und auch jetzt, wo Bremen entscheiden muss, wie es ab 2018 mit seinem Müll verfährt, wolle man den öffentlichen Einfluss stärken. Doch dürfe man die Risiken eines Komplettrückkaufs nicht kleinreden – und sich nicht der Option einer Public Private-Partnership verschließen. „Wir wollen diese Debatte erst eröffnen und führen, statt sie einfach zu beenden.“
Ein Satz, der auch als Spitze an die Adresse des Koalitionspartners zu verstehen ist. Die SPD war unter Henning Scherfs Senatspräsidentschaft mitverantwortlich für einen deutschlandweit beispiellosen Kurs der Privatisierung. Mittlerweile neigt die Sozialdemokratie dazu diese – mit einem Wort des Bremer Staatsrechtlers Alfred Rinken – „Ausdünnung demokratischer und sozialstaatlicher Legitimations- und Verantwortungsstrukturen“ hurtig überzukompensieren. Heißt: Sie schmiegt sich an die Forderungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di an. Die will, stellte ihr Bezirksgeschäftsführer Rainer Kuhn als Gastredner klar, 100 Prozent. Auf jeden Fall. Vielleicht könne man damit sogar die Gebühren senken.
Man könne sich in dieser Frage „keine Abenteuer erlauben“, warnte hingegen Umweltsenator Joachim Lohse. Da Know-How, Infrastruktur und Fuhrpark seit 1998 restlos abgebaut wurden, seien Investitionen nötig, was ja wohl eher Gebührenerhöhungen bedeuten würde. Auf Basis eines Berichts seines Ressorts werde der Senat seine eigene Position bald nach der Sommerpause festlegen, kündigte er an. Dabei trage man aber „auch Verantwortung für die Beschäftigten der Firma Nehlsen“.
Auch deren Geschäftsführer Hans-Dieter Wilcken war Gast der LMV. Er warb dafür, die Leistung seines Unternehmens stärker zu würdigen. Immerhin seien die Gebühren 16 Jahre trotz steigender umwelt- und sicherheitstechnischer Anforderungen stabil geblieben. bes