Regierungstruppen erobern Rebellenhochburgen zurück

UKRAINE Präsident spricht von Wendepunkt. Separatisten ziehen sich nach Donezk zurück

DONEZK ap | Militäroffensive statt Waffenruhe: Nach der Vertreibung prorussischer Rebellen aus ihren Hochburgen Slawjansk und Kramatorsk hofft der ukrainische Präsident Petro Poroschenko auf eine Wende im umkämpften Osten des Landes. Die Separatisten kündigten am Sonntag allerdings an, weiteren Widerstand leisten zu wollen, und sammelten sich in der Millionenmetropole Donezk. Die angekündigten Verhandlungen über eine neue Feuerpause kamen zunächst nicht zustande.

Das ukrainische Militär hatte Slawjansk – eine Stadt mit rund 100.000 Einwohnern, die seit April in der Hand der Rebellen war – am Samstag nach heftigen Gefechten zurückerobert. Die Aufständischen bestätigten ihren Rückzug. Daraufhin erklärte Poroschenko, das sei zwar kein „totaler Sieg“, aber der „Beginn eines Wendepunktes“. Die Rückeroberung habe symbolische Bedeutung im Kampf um die territoriale Einheit der Ukraine.

Symbolträchtig ließ Poroschenko die ukrainische Flagge auf Gebäuden in Slawjansk hissen. Soldaten transportierten große Waffenvorräte aus den Verwaltungs- und Polizeigebäuden ab. Ein Sprecher der Stadt sagte, Aufräumarbeiten seien im Gang.

Die Rebellen wollen allerdings trotz ihrer Niederlage nicht klein beigeben. Sie sammelten sich am Sonntag in der weit größeren Stadt Donezk, die sie ebenso wie Lugansk für unabhängig erklärt haben. Der Verteidigungsminister der sogenannten Volksrepublik Donezk, Igor Girkin, sagte dem russischen Fernsehsender Life News, der Kampf werde nun von Donezk aus geführt. Etwa 150 verwundete prorussische Kämpfer werden nach Angaben der Rebellen in Donezk behandelt.

Moskau: kein Kommentar

Das russische Außenministerium gab zur Niederlage der Rebellen in Slawjansk zunächst keinen Kommentar ab. Es teilte jedoch mit, verstärkt medizinische Hilfsgüter in die Ostukraine zu liefern. Zu einer möglichen militärischen Hilfe, wie sie die Separatisten jetzt erneut forderten, sagte das Ministerium ebenfalls nichts.

Die Ukraine verdächtigt Russland, die Aufständischen zu unterstützen und zu bewaffnen, was Moskau bestreitet. Ursprünglich sollten spätestens am Samstag Verhandlungen zwischen der Ukraine, Russland und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa über einen Friedensplan für die Ostukraine beginnen. Darauf hatten sich die Ukraine und Russland bei einem Treffen diese Woche in Berlin geeinigt. Doch blieb nach den militärischen Erfolgen der Ukraine zunächst unklar, ob und wann die Gespräche zustande kommen würden.

Prorussische Separatisten hatten nach dem Umsturz in der Ukraine und dem Anschluss der Halbinsel Krim an Russland im Frühjahr in der Ostukraine die Regionen Donezk und Lugansk für autonom erklärt und diverse Städte besetzt. Seit Ausbruch der Kämpfe sind mehr als 400 Menschen ums Leben gekommen.