: „Kiwis anzubauen würde nichts machen“
Das Alte Land soll Weltkulturerbe werden, findet eine Arbeitsgruppe und verfolgt diesen Plan mit Unterstützung der Gemeinde Jork. Der Weg zum Titel aber ist lang, sagt Kerstin Hintz, die Sprecherin der „Arbeitsgemeinschaft Welterbe“
taz: Frau Hintz, wie ist der Stand bei dem Vorhaben, das Alte Land der UNESCO als Weltkulturerbe vorzuschlagen?
Kerstin Hintz: Das Vorhaben wurde in den letzten Jahren schon verfolgt und wir halten daran fest. Seit 2003 kennen wir den ehemaligen Direktor des Welterbezentrums, Herrn Professor Bernd von Droste zu Hülshoff, und dieser ist sehr beeindruckt vom Alten Land, so dass wir 2004 zwei interne Tagungen mit UNESCO-Experten hier hatten. Diese haben uns das Potential des Alten Landes für solch eine Auszeichnung bestätigt. Wir haben erfahren, worin unsere Hausaufgaben liegen, damit der Antrag Erfolg haben kann.
Nämlich?
Wir müssen die Besiedlungsgeschichte des Alten Landes in den Fokus rücken. Das Alte Land wurde von holländischen Siedlern im frühen Mittelalter per Hand und Schaufel erschaffen. Erstmals erwähnt wurde das Alte Land 1059 und war über viele Jahrhunderte bis 1932 eine Landesgemeinde, die eine eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit herausgebildet hatte. Dieses macht das Alte Land einzigartig, und das arbeiten wir auf nationaler Ebene heraus. Dann kommt der Blick auf die internationale Ebene. Der Weg zum Weltkulturerbe ist ein langer Weg. Es ist ein Weg dahin, Werte bewusst wahrzunehmen.
Wie weit sind Sie mit dem Formulieren der Anträge?
Bisher liegt noch keine offizielle Bewerbung vor. Da ist das Alte Land in einer schwierigen Situation, weil es von einer Landesgrenze durchschnitten wird und zwar als Region wahrgenommen wird, aber nicht als Region denkt. Im Hamburger Teil überplant man das Alte Land regelrecht. Das führt dazu, dass man auch im niedersächsischen Teil große Schwierigkeiten hat, sich diesem Projekt politisch zu öffnen: Die Gemeinde Jork ist bislang die einzige Gemeinde, die beschlossen hat, den Weg zum Weltkulturerbe zu gehen.
Welche Bedenken haben die anderen Gemeinden im Alten Land?
Hier vor Ort sind Bedenken, durch das Welterbe reglementiert zu werden. Dieses stimmt so nicht. Es waren mehrere Fachleute hier, die die Bedenken so nicht bestätigen konnten. Die UNESCO unterscheidet zwischen Baudenkmälern, natürlich gewachsenen Landschaften und Kulturlandschaften, die von Menschenhand geschaffen wurden und sich über die Jahrhunderte weiterentwickeln. Man könnte natürlich ohne weiteres weiter Straßen im Alten Land bauen, müsste aber mit der Landschaft bewusst umgehen. Aber wenn man keine Äpfel mehr anbauen wollte, sondern Kiwis, dann würde das nichts machen.
Wie müsste die Bewerbung für den Titel „Weltkulturerbe“ formal weiterlaufen?
Die kommunale Politik vor Ort müsste das Alte Land auf die Vorschlagsliste des Landes Niedersachsen bringen. Dann kommen die Länder zusammen, der Antrag müsste in der Kultusministerkonferenz positiv beschieden werden und ginge dann offiziell an die UNESCO nach Paris. Da das Alte Land sich als Kulturlandschaft bewerben würde, hätte es gute Chancen: Die Kulturlandschaften bilden bei der UNESCO eine unterrepräsentierte Kategorie und haben deshalb Vorrang.
Nun hat Hamburg beschlossen, die Start- und Landebahn des Airbus in das Alte Land hinein zu verlängern. Kann das Alte Land damit überhaupt noch als Weltkulturerbe anerkannt werden?
Ob der Hamburger Teil noch ein Weltkulturerbe sein kann, kann ich nicht beurteilen, das würden dann Fachleute tun. Es gab bislang auch keine Gespräche mit der Hamburger Kultursenatorin. Aber es ist immer noch möglich für Hamburg, in diesen Prozess einzusteigen, ansonsten auch später im Rahmen eines Nachnominierungsverfahrens.
Interview: Klaus Irler