Die Krankenstatistik zeigt: Motivierte Arbeitnehmer sind gesünder : Krankfeiern und gesund arbeiten
Es scheint nicht gut zu tun, in einer Großstadt zu leben. In Berlin, Hamburg und Bremen sind die Arbeitnehmer besonders häufig krank; zudem leiden sie überdurchschnittlich an psychischen Störungen. Dagegen sieht der Steckbrief eines relativ gesunden Mitarbeiters ungefähr so aus: Er wohnt in Bayern oder Baden-Württemberg und ist Banker oder Ingenieur. Auf jeden Fall sollte er nicht als Müllmann arbeiten, denn Abfallbeseitigung macht am ehesten krank. Auch ein Verwaltungsjob scheint nicht sehr zuträglich zu sein, denn noch immer fällt der öffentliche Dienst durch relativ hohe Krankheitsraten auf.
Keine Frage, die Statistiken über die jährlichen Krankheitstage sind eine sehr lebensnahe Lektüre. Lebensnah wirkt auch der neueste Trend: Seit August nehmen die Krankheitstage zu. Die Beschäftigten scheinen sich also wieder zu trauen, öfter zu Hause zu bleiben – nun, da die Konjunktur anspringt und sie nicht mehr so stark um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Wohlwollend könnte man annehmen, dass die Arbeitnehmer endlich ihre Erkältungen vernünftig auskurieren. Doch vor allem bei Arbeitgebern dürfte der ungute Verdacht aufkeimen, dass manche Unpässlichkeit eher vorgetäuscht ist und krankgefeiert wird.
Leider ist dieser Streit, der sich letztlich um Menschenbilder dreht, mit der Statistik nicht zu schlichten. Denn die ist widersprüchlich: So liegt die Arbeitslosigkeit in Süddeutschland am niedrigsten – träfe die Unterstellung des „Blaumachens“ zu, müssten sich dort auch die meisten Beschäftigten ins Bett abmelden. Stattdessen sind ausgerechnet die Arbeitnehmer im Süden statistisch am gesündesten.
Immerhin geben die Daten her, wer besonders selten fehlt: nämlich Manager – und Angestellte in Kleinbetrieben. Zwischen beiden Gruppen scheinen Welten zu liegen. Doch beide eint, dass sie sich im Job oft sogar unersetzlich fühlen. Für Chefs ist die Krankheitsstatistik daher eine lehrreiche Lektüre, zeigt sie doch indirekt, wie man für gesunde Angestellte sorgt: Sie müssen sich gebraucht fühlen. ULRIKE HERRMANN