: Der Stoiber-Stadl
AUS WILDBAD KREUTHDOMINIK SCHOTTNER
Außerordentlich gut gebräunt und vital sah Edmund Stoiber gestern aus, als er in Wildbad Kreuth bei der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion ankam. Entsprechend frisch auch seine Rhetorik: „Ich kämpfe für meine Ziele, für den Erfolg Bayerns, für den Erfolg der CSU“, verkündete der bayerische Ministerpräsident.
Wenige Stunden zuvor hatte Stoiber Landtagspräsident Alois Glück und den Chef der Landtagsfraktion, Joachim Herrmann, zu Einzelgesprächen in der Staatskanzlei in München empfangen. Thema bei beiden Terminen offiziell: die Vorbereitung der Klausur der Landtagsfraktion. Doch vielmehr dürfte Stoiber versucht haben, den beiden klarzumachen, dass er an eines derzeit nicht denkt: ans Aufgeben. Fraktionschef Herrmann sagte vor dem Gespräch, er „würde nicht von einer Krise sprechen“. Seine Fraktion stehe zu Stoiber. Gleich lautend äußerte sich auch Wirtschaftsminister Erwin Huber in Nürnberg.
Nach seinem etwa einstündigen Gespräch mit Stoiber ließ Herrmann die wartenden Journalisten dann wissen, er habe dem Ministerpräsidenten seine „Wahrnehmungen mitgeteilt“. Und die verheißen für Stoiber nichts Gutes. In mehreren Interviews hatte Herrmann in den Tagen zuvor die Frage aufgeworfen, ob Stoiber der richtige Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl sei: „Die Stimmen mehren sich, dass man vielleicht doch in einer anderen Formation in die Landtagswahl 2008 gehen soll.“ Gestern wiederholte er, die Fraktion werde über diese Frage in Kreuth beraten.
Über Glücks Treffen mit Stoiber wurde indes nichts bekannt, außer dass es „sehr konstruktiv“ gewesen sei, wie Glück in Kreuth sagte. Beobachter notierten jedoch kritisch, dass Glück nur eine halbe Stunde bei Stoiber blieb, ehe dieser die Sitzung seines Kabinetts leiten musste.
Die Landtagsfraktion wird in Kreuth bis Donnerstag ihr Programm für das kommende Jahr beraten – so steht es auf der Tagesordnung. Aber schon die Ankunft des erweiterten Fraktionsvorstandes am gestrigen Montag zeigte, dass die Sachpolitik momentan einen schweren Stand gegen die Personaldebatte um Stoiber hat. Zumal, da die Bild-Zeitung gestern ein Gerücht öffentlich machte, das bis dahin nur in Journalistenkreisen diskutiert worden war: Der verheiratete Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer soll seit drei Jahren eine Affäre mit einer 32 Jahre alten Mitarbeiterin des Bundestags haben. Die Information soll Insidern zufolge aus München gestreut worden sein. Ein pikantes Detail, schließlich war Seehofer in den vergangenen Tagen von einigen Medien schon als nächster CSU-Chef gepriesen worden. Seehofer wollte sich Bild gegenüber nicht zu den Unterstellungen äußern.
Das übernahmen in Kreuth andere. CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte, „privat ist privat.“ Dass in letzter Zeit zunehmend „mit Gerüchten und Unterstellungen gearbeitet wird“, finde er „unerträglich“. Auch die ehemalige Vize-Ministerpräsidentin und CSU-Präsidiumsmitglied Barbara Stamm ordnete den Bericht in die „unterste Schublade“ ein. Stoiber, der noch am ehesten von einem möglichen Ausscheiden Seehofers profitieren würde, sagte am Nachmittag in Kreuth: „Ich finde es unanständig, dass so etwas in den Medien gestreut wird. Horst Seehofer hat mein uneingeschränktes Vertrauen und das Vertrauen der CSU. Er ist ein politisches Alpha-Tier unserer Partei und bleibt für höchste Ämter erste Wahl.“
Schon einmal hatte das Privatleben eines CSU-Politikers über seine politische Zukunft entschieden: Als 1993 die Nachfolge des damaligen Ministerpräsidenten Max Streibl zur Diskussion stand, gab es zwei Anwärter auf den Thron: Edmund Stoiber, damals Bayerns Innenminister, und Bundesfinanzminister Theo Waigel. Gezielt wurden dereinst Gerüchte gestreut, Waigel habe eine Beziehung zur Skifahrerin Irene Epple. Tatsächlich heiratete Waigel Epple später. Ministerpräsident aber wurde ein anderer: Edmund Stoiber.