: Seepferdchen im Verzug
Die Schwimmkurse der Bäderland führten an Brennpunkt-Schulen nicht zum versprochenen Erfolg. In Jenfeld schaffte nicht mal ein Viertel das Seepferdchen, in Heimfeld nur ein Siebtel
Von KAIJA KUTTER
Seit Beginn dieses Schuljahres hat die Bäderland GmbH die Schwimmausbildung der Kinder übernommen. Dies sollte nicht nur zwei Millionen Euro im Schuletat sparen, sondern auch die Schwimmfähigkeit der Kinder verbessern. 95 Prozent aller Grundschüler, so heißt es in der „Ziel- und Leistungsvereinbarung“ mit der Stadt, sollten nach dem Kurs „die schwimmvorbereitende Prüfung ‚Seepferdchen‘ absolviert haben“, davon wiederum sollten „70 Prozent die Bedingungen des Jugendabzeichens Bronze“, ehemals Freischwimmer, erfüllen. Und dies, obwohl der Schwimmunterricht gegenüber 2005 von einem auf ein halbes Jahr verkürzt wurde.
Eine Umfrage an Schulen deutet darauf hin, dass dieses Ziel erreicht wird – aber offenbar nur in den reicheren Stadtteilen. „Es ist toll gelaufen. Die Eltern sind sehr, sehr zufrieden“, sagt Vera Klischan von der Gorch-Fock-Schule, ohne Zahlen zu nennen. An der Blankeneser Schule hätten allerdings schon viele Kinder „Vorerfahrungen“ mit Wasser gehabt.
„Spaß gemacht“ hat es laut Schulleiter Peter Braasch auch den Kindern der Grundschule Oppelner Straße im Hochhausgebiet Jenfeld. Nur war es dort für viele „die erste Chance, mit Wasser in Kontakt zu kommen“. Bis dato gab es an der Schule kein Schwimmen, weil die Busfahrt zum Bad zu teuer war. Mit den Abzeichen sei es deshalb „nicht so üppig“, sagt Braasch. Keiner schaffte Bronze, und nur fünf pro Klasse erhielten Seepferdchen. Der Schulleiter hat dies nicht anders erwartet.
„Ich war geschockt als ich die Zahlen sah“, sagt hingegen Gudrun Wolgast-Vogeler von der Schule „Lange Striepen“ im Harburger Stadtteil Neuwiedenthal. Von 23 Nichtschwimmern in ihren beiden 3. Klassen hätten nur drei das Seepferdchen erreicht. Früher, als die Lehrer selber den ganzjährigen Schwimmunterricht erteilten, hätten am Ende „maximal zehn Prozent“ nicht schwimmen können. All jenen Kindern, die nicht mit ihren Eltern zum Baden gehen, fehlten jetzt Lehrer als „vertraute Bezugspersonen“. „Die Kinder brauchen eine emotionale Anbindung“, sagt auch Reiner Kühlke von Schule Grumbrechtsstraße in Harburg. Von seinen 69 Drittklässlern, die im Kurs waren, hätten nur zehn das Seepferdchen bekommen.
„Es läuft gut“, sagt Schulleiter Nico Struß von der Schule Röthmoorweg in Schnelsen-Süd. Doch auch auf seiner Liste haben nur zwei von 28 Nichtschwimmern ein Abzeichen errungen. Ähnlich die Lage bei Hiltrud Kneuer von der Veddeler Schule Slomanstieg: 22 von 57 Kindern blieben „Nichtschwimmer“.
Bädersprecherin Kirsten Morisse nennt etwas andere Daten, bestätigt aber den Trend. Die angepeilte Quote von 95 Prozent im ersten Halbjahr werde nicht erreicht werden. Sie geht aber davon aus, dass bis Ende Januar noch viele Abzeichen nachgeholt werden. „Es gibt viele Kinder, die das alles können, was sie dafür brauchen.“
Eine zweite Chance erhalten die Kinder, wenn Bäderland in der sechsten Klasse noch mal einen Kurs durchführt. Dann sollen laut Zielvorgabe 100 Prozent das Seepferdchen und 95 Prozent Bronze schaffen. Ob dies realistisch ist, will Morisse erst bei der „Gesamtauswertung“ im Sommer beantworten.