: Hier herrscht ein extremes Machtgefälle
VON PATRICIA HECHT
Mehr als 600.000 Mal wurde das Video auf Youtube bisher geklickt, das minutenlang zeigt, wie ein Mann, der sich wehrt, von Polizisten auf den Boden geworfen und geschlagen wird. Eine Frau schreit und weint, die Lage scheint außer Kontrolle zu geraten.
Das Statement der Polizei liest sich angesichts der recht brutalen Szenen wie Hohn: Die Beamten seien bei ihrer Arbeit „hartnäckig gestört“ worden. Schläge seien „üblich, damit der andere sich lockert“. Der Mann sei schon einmal weggeführt worden, und er sei derjenige gewesen, der erneut auf die Beamten „losgegangen“ sei.
Letztlich ist das, worum es hier geht, der Umgang mit einem extremen Machtgefälle. Die eine Seite ist ausgestattet mit gepanzerter Körperlichkeit, Überlegenheit in Sachen Ausrüstung (Schlagstöcke, Reizgas) und der Legitimation, Gewalt anzuwenden. Die andere, wehrlose Seite findet sich in einer schockierenden Extremsituation wieder, die offensichtlich Panik auslöst und lange nachwirken wird.
Rote Clownsnase
Genau deshalb hätten die Beamten die Situation anders lösen können und müssen. Polizisten, sollte man meinen, sind geschult in dem, was sie tun, und sollten sich des Machtgefälles bewusst sein – auch und gerade, wenn ihnen kein vermummter Autonomer, sondern ein Mann in Sandalen und mit roter Clownsnase gegenübersteht. Die Polizei rühmt sich gern ihrer „deeskalierenden“ Strategien. Deeskalation sieht allerdings anders aus. Und eine angemessene Reaktion auf Protest ebenfalls..
Ein Staat muss sich daran messen lassen, wie er seinen Bürgern gegenübertritt. Er hat ein Gewaltmonopol – aber dem muss er sich in seinen Handlungen auch würdig erweisen.