FU setzt Kreuze gegen rechts

An der Freien Universität laufen die Wahlen zum Studierendenparlament. Die Beteiligung ist wie immer mau. Einen Rechtsruck wie an der Technischen Universität wird es an der FU aber nicht geben, versprechen Studivertreter

Der Weg von der U-Bahn-Station Dahlem-Dorf zur Freien Universität gleicht einem Spießrutenlauf. An der Straße zur „Silberlaube“ versuchen Plakate an den Bäumen mit schlichten Botschaften die Aufmerksamkeit der Studierenden zu wecken: „Semesterticket behalten“, „Scheiss Elite, Scheiß Uni“, „Girls Kick Ass: Frauenlesbenliste“.

Seit Dienstag laufen die jährlichen Wahlen zum Studierendenparlament (Stupa), das unter anderem den Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) wählt und über den Haushaltsplan der Studierendenschaft beschließt. Rund 35.000 Wahlberechtigte können aus 46 Listen wählen, darunter Fachschaftsinitiativen, Interessengruppen für Studierende mit Kind, AusländerInnen oder Homosexuelle, aber auch parteinahe Hochschulgruppen.

Die Wahl wird mit Spannung erwartet: Im Dezember hatten an der Technischen Universität (TU) Vertreter des CDU-nahen Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) die Mehrheit im traditionell linken Asta geholt. Seitdem herrscht im TU-Asta erbitterter Streit.

Auf dem Campus der FU, die als Hochburg der Linken gilt, ist von einer konservativen Unterwanderung aber nichts zu bemerken. An der „Asta-Villa“ werben Plakate für eine antifaschistische Filmreihe, Wahlwerbung des RCDS findet sich noch nicht einmal im Marketing-Department der Wirtschaftswissenschaftler. „Die CDU-Heinis trauen sich zum Glück nicht hierher“, sagt eine Erziehungswissenschaftlerin, die gerade ihre Stimme im Wahllokal vor der Mensa der „Rostlaube“ abgegeben hat.

Der Andrang hält sich in Grenzen. „Die Beteiligung ist so mau wie in den Jahren davor“, klagt eine Wahlhelferin. Vergangenes Jahr gaben nur 11 Prozent der Berechtigen ihre Stimme ab. Über die Präsenz einzelner Gruppen auf dem Campus will sich am Wahllokal niemand äußern. „Das könnte als politische Beeinflussung missverstanden werden.“

Die Vorsicht der Wahlhelfer rührt aus Erfahrungen vergangener Jahre. Immer wieder fochten Jurastudenten die Wahl wegen Kleinigkeiten an – eine bewährte Taktik konservativer Gruppen, die sich in Jura und Wirtschaftswissenschaften um Einfluss bemühen. Letztes Jahr musste die traditionell linke Jura-Fachschaftsliste bei der Wahl herbe Verluste hinnehmen.

Auf einen politischen Umschwung deutet das aber nicht hin, sagt Janina Alfen, Vorsitzende des studentischen Wahlvorstands. „Die FU ist und bleibt links. Die Konservativen kriegen hier keinen Fuß auf den Boden.“ Der RCDS sei bedeutungslos. Sorgen machen dem Wahlvorstand aber Tarnlisten. Hinter vermeintlich sachorientierten Initiativen steckten in Wahrheit Burschenschaftler und CDU-Mitglieder, sagt Annette Heppel. Sie würden ihre wahren Absichten verschleiern, um an die Stimmen uninformierter Wähler zu kommen. Woher soll ein unbedarftes Erstsemester auch wissen, so Heppel, dass bei der vermeintlich osteuropäischen Liste „Polsko-Rosyjska Lista/Polskij-Russkij Spisok“ in Wirklichkeit ein Mitglied der CDU Steglitz-Zehlendorf die Strippen zieht, das durch rassistische Sprüche aufgefallen war? Einige Mitglieder des Wahlvorstands haben jetzt einen Blog für mündige WählerInnen eingerichtet und schildern dort unter anderem folgenden Fall: Eine Studentin ließ sich nichtsahnend für die Liste „Studieren mit Kind“ aufstellen und fand sich plötzlich in der Koalition eines obskuren „Bürger Block“, der in Frakturschrift „für eine saubere Uni – gegen linksradikale Umtriebe“ wirbt. „Unipolitik kann schon sehr absurd sein“, stöhnt Annette Heppel. Trotzdem wird sie am Freitag bis spät in die Nacht Stimmen auszählen. NINA APIN