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Archiv-Artikel

Verteidigungsausschuss prüft Foltervorwurf

Opposition betont großen Klärungsbedarf. Auch ein hoher KSK-Offizier war als Zeuge geladen

Kurnaz erklärte, ein KSK-Soldat habe ihn mit dem Kopf aufden Boden geschlagen

BERLIN rtr ■ Der Verteidigungsausschuss des Bundestages ist gestern zusammengekommen, um den langjährigen Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz zu seinen Misshandlungsvorwürfen gegen KSK-Soldaten zu vernehmen. Es müsse geklärt werden, wie Kurnaz zu seinen Vorwürfen komme und wie er die deutschen Soldaten im südafghanischen Kandahar erkannt habe, sagte der Unions-Verteidigungsexperte Bernd Siebert vor der Sitzung in Berlin. Zunächst gelte auch für die Soldaten die Unschuldsvermutung. Die Linksfraktion sprach von großem Klärungsbedarf. „Kandahar, dafür spricht viel, war die Hölle vor der Hölle – also Guantánamo“, sagte ihr Verteidigungspolitiker Paul Schäfer.

Als erster Zeuge sollte der frühere stellvertretende Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) aussagen, der den Einsatz der Elitetruppe Anfang 2002 im Süden Afghanistans leitete. Nach dem Oberst waren Kurnaz’ Rechtsanwalt Bernhard Docke und danach Kurnaz selbst geladen. Zur Untersuchung des Falles hat sich der Verteidigungsausschuss in einen Untersuchungsausschuss umgewandelt. So konnte das Gremium hinter verschlossenen Türen tagen.

Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei sagte, es gehe darum, zu erfahren, wie die KSK-Soldaten ihren Auftrag in Afghanistan konkret umgesetzt hätten. Die Frage sei, wie weit das Kriegsvölker- und das Menschenrecht beachtet worden sei. Kurnaz beschuldigt zwei Soldaten des KSK, ihn im Januar 2002 in einem US-Gefangenenlager in Kandahar misshandelt zu haben. In dem Fall ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Tübingen wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung.

Der in Bremen geborene Türke war Ende 2001 nach eigener Aussage in Pakistan festgenommen und nach einem Zwischenstopp in Afghanistan nach Guantánamo gebracht worden. Erst im August 2006 kam Kurnaz frei. Er erklärte, ein KSK-Soldat habe ihn in Kandahar an den Haaren gepackt, mit dem Kopf auf den Boden geschlagen und getreten. Der zweite Soldat habe dabeigestanden. Das Verteidigungsministerium hatte Kontakte zwischen KSK-Soldaten und Kurnaz bestätigt, die Misshandlungsvorwürfe aber zurückgewiesen.