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Archiv-Artikel

Mugabe will es ein letztes Mal wissen

SIMBABWE Zwei Jahre nachdem Präsident Mugabe Oppositionsführer Tsvangirai in die Regierung aufnahm, will er die Zeit des Ausgleichs beenden und per Neuwahl seine Macht wieder festigen

„Wer Tunesien oder Ägypten nachmachen will, wird es bereuen“

VERTEIDIGUNGSMINISTER MNANGAGWA

JOHANNESBURG taz | Simbabwes Präsident Robert Mugabe will vorgezogene Wahlen durchsetzen – mit oder ohne die eigentlich geplante neue Verfassung. Laut Mugabe seien Wahlen jetzt statt zum eigentlichen Termin in zwei Jahren unumgänglich, denn die Machtteilung mit der früheren Oppositionspartei MDC (Bewegung für demokratischen Wandel) von Premierminister Morgan Tsvangirai funktioniere nicht mehr. Die amtierende Mugabe-Tsvangirai-Regierung der nationalen Einheit soll abgelöst werden; aus Sicht des Mugabe-Lagers ist ihre Amtszeit am gestrigen Freitag, dem zweiten Jahrestag ihrer Amtseinführung, ohnehin abgelaufen. Die MDC hingegen, mehrfach durch Wahlbetrug um den Sieg gebracht, will erst eine Verfassungsreform und dann Neuwahlen. Sie befürchtet ein Blutbad, falls Mugabe wieder einmal eine Wahl in Simbabwe organisiert.

Am Donnerstag forderte Südafrikas Präsident Jacob Zuma in seiner Rede zur Lage der Nation die Ausarbeitung einer „Roadmap“ hin zu freien Wahlen in Simbabwe. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sagte, die durch die Bildung der Regierung der Nationalen Einheit hervorgerufene Hoffnung auf Demokratisierung sei „im Rahmen des Redens über Wahlen 2011 durch Angst und Unsicherheit ersetzt worden“. MDC-Finanzminister Tendai Biti sagte, militante Jugendbrigaden der Mugabe-Partei Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) würden seit zwei Wochen MDC-Anhänger in Townships der Hauptstadt Harare angreifen.

Mugabes Partei behauptet demgegenüber, die MDC provoziere gewaltsame Auseinandersetzungen für Propagandazwecke. Am vergangenen Wochenende kündigte Zanu-PF-Verteidigungsminister Emerson Mnangagwa an, man werde „mit allen Mitteln“ verhindern, dass die Opposition Unruhe stifte: „Wer nachmachen will, was in Tunesien geschehen ist und was in Ägypten geschieht, wird es bereuen, denn wir werden in diesem Land kein Chaos zulassen.“

In diesem Klima halten zivilgesellschaftliche Gruppen vorgezogene Wahlen für einen Freibrief für den Mugabe-Machtapparat. Die Bedingungen, unter denen die massiv gefälschten Wahlen 2008 stattfanden, hätten sich wenig verändert, warnt der Dachverband „Crisis in Zimbabwe Coalition“. Er ruft die Regionalorganisationen SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) und AU (Afrikanische Union) auf, unabhängige Untersuchungen zur Lage in Simbabwe durchzuführen und erst dann, wenn echte Reformen erreicht sind, gemeinsam mit der Regierung ein Wahldatum festzusetzen. Die Bürgerechtsorganisation ZESN (Netzwerk zur Unterstützung für Simbabwes Wahlen) erklärte das aktuelle Wählerverzeichnis für untauglich. 27 Prozent der registrierten Wähler seien verstorben und 41 Prozent lebten nicht an der angegebenen Adresse.

Nach geltendem Zeitplan soll zwischen Juni und September eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung stattfinden. Vertreter der Parteien gehen derzeit in Simbabwe von Tür zu Tür, um Meinungen für die Erarbeitung einer neuen Verfassung aufzunehmen. Aber die „National Constitutional Assembly“, ein Zusammenschluss von Kirchen, Gewerkschaften, Jugend- und Menschenrechtsgruppen, organisiert bereits eine Nein-Kampagne. Zanu-PF nutze die Verfassungskonsultationen in ländlichen Gebieten zur Einschüchterung der Wähler, heißt es. „Ihnen wird gesagt, was sie tun sollen, damit nicht wieder passiert, was bei den Wahlen 2008 eintrat“, meint Levi Kabwato, Sprecher der Crisis in Zimbabwe Coalition. „Dann wissen die Leute, was gemeint ist: Überfalle und Gewaltakte.“ MARTINA SCHWIKOWSKI