Autobahn und Immobilien für alle

Private Klein- und Großinvestoren sollen demnächst öffentliche Bauten finanzieren

BERLIN taz ■ Herrn Meyer aus Flensburg gehört ein Stückchen Autobahn. Frau Stankowski aus Bernau ist Mitbesitzerin des örtlichen Gymnasiums. Und die Familie Brenner hat sich am neuen Rathaus von Regensburg beteiligt. Solche Geschichten wird man künftig öfter hören, wenn eine Idee des Bundesfinanzministeriums Wirklichkeit wird. Gestern haben die Beamten von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ihren Entwurf für ein neues Investmentgesetz veröffentlicht. Darin geregelt werden auch Fonds für „Öffentlich-Private-Partnerschaften“, die etwa Autobahnen, Tunnel oder Bürogebäude finanzieren könnten.

Vor allem große Kapitalanleger wie Banken und Investmentgesellschaften sollen die öffentliche Infrastruktur finanzieren, aber auch Kleinanleger können einsteigen. Kooperationen zwischen Staat und Privatfinanziers kommen in Mode, weil Bund, Ländern und Gemeinden oftmals die Mittel fehlen, Neubauten zu realisieren. Die Zustimmung des Bundestages vorausgesetzt, soll das neue Investmentgesetz bereits am 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten.

Der Entwurf enthält außerdem viele Regelungen, die großen Investoren das Leben leichter machen. So sollen Investmentsfonds aller Art in Zukunft nicht mehr der Bankenaufsicht unterliegen, sondern nur noch der Überprüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bestimmte Meldepflichten der Fonds für die Zusammensetzung ihres Vermögens und ihre täglichen Geschäfte sollen abgeschafft werden. Der grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick kritisierte, dass dadurch die „Transparenz“ abnehme. Für Finanzstaatssekretärin Barbara Hendricks (SPD) stehen „Entbürokratisierung“ und „Deregulierung“ an erster Stelle. Sie hofft, dass durch das neue Gesetz mehr Fonds in Deutschland gegründet werden und ihren Sitz nehmen.

Parallel zu diesem Vorhaben fand gestern im Bundestag die erste Lesung des Gesetzes über neue Immobilien-Aktiengesellschaften (REITs) statt. Unternehmen wie Siemens oder DaimlerChrysler dürfen damit künftig ihre Firmenimmobilien an der Börse veräußern. Wenn Herr Meyer aus Flensburg, Frau Stankowski aus Bernau und die Familie Brenner aus Regensburg also keine Lust auf die Beteiligung an öffentlicher Infrastruktur haben, können sie sich demnächst auch ein paar Quadratmeter Siemens-Labor oder Mercedes-Fabrik kaufen. Mal sehen, ob es der Absicherung im Alter dienlich ist. HANNES KOCH

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