LESERINNENBRIEFE
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Geheimniskrämerei beenden

■ betr.: „Schleichende Aufrüstung“, taz vom 8. 7. 14

Aufgrund der knappen Grundfinanzierung durch die Länder sind die Universitäten in hohem Maße auf die sogenannten Drittmittel von anderen Geldgebern, darunter auch von Unternehmen, angewiesen; dazu zählen immer mehr Rüstungsfirmen. Seit einiger Zeit haben sich zunehmend Studierende und ForscherInnen für eine Zivilklausel an Universitäten eingesetzt, die militärische Forschung verbieten würde, damit Wissenschaft und Forschung nur für eine „friedliche und emanzipierte Gesellschaft“ eingesetzt werden, wie es aus Asta-Kreisen heißt. Viele Uni-Rektoren sehen darin aber die Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt und eine Gefahr für die Autonomie der Hochschule.

Aber selbst, wenn eine Zivilklausel besteht, schließt dies eine Zusammenarbeit mit Rüstungskonzernen nicht aus. So werden viele Rüstungsprojekte einfach als zivil nutzbar erklärt; unter dem Deckmantel des „Dual Use“ schaffen Unis und Wehrfirmen bewusst Grauzonen in ihrer Zusammenarbeit, um die Grenzen zwischen „militärisch und wirtschaftlich“ zu verwischen.

Nach der Meldung über die gestiegenen Ausgaben aus dem Verteidigungsministerium für Rüstungsforschung ist die Forderung nach Beendigung der Geheimniskrämerei nur allzu berechtigt. Der Öffentlichkeit sind die Eckdaten aus dem Ministerium nicht länger vorzuenthalten, damit die Projekte politisch und ethisch bewertet werden können. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Argentinische Diktatur ignoriert

■ betr.: „Argentinien WM 78“ von Bernd Pickert, taz vom 9. 7. 14

Besonders interessant (und neu) war für mich der Hinweis darauf, wie der Theologe Frenz vom Fernsehen an die Kandare genommen wurde. Hoffentlich haben viele Leser zur Kenntnis genommen, dass nicht bloß einzelne Fußballspieler und Spitzenfunktionäre die argentinische Diktatur ignorierten oder verleugneten, sondern dass es „öffentliche Außenpolitik unter der Regierung Schmidt/Genscher war“. In dem erwähnten Dokumentarfilm („Das Mädchen“ über die Ermordung von Elisabeth Käsemann), der erst vor Kurzem ausgestrahlt wurde (zu später Sendezeit), hat nicht bloß Herr Niersbach eine Stellungnahme verweigert. Die Herren Schmidt und Genscher, ansonsten auch im hohen Alter durchaus eloquent in der Öffentlichkeit, haben die Interviewanfragen des Filmteams nicht einmal beantwortet.

Aufschlussreich ist in dem Dokumentarfilm der Hinweis, welche Rolle damals die Firma Rheinmetall gespielt hat. So haben Sie ja auch geschrieben: „Nicht umsonst entwickelte sich Deutschland zum größten Waffenlieferanten der argentinischen Diktatur.“ Rheinmetall – war da nicht was? Ach ja, die Rüstungsfirma, die den Exentwicklungshilfeminister Niebel als Cheflobbyisten eingekauft hat.

Ihren Optimismus, „dass sich ein solches Versagen nicht wiederholt“, kann ich nicht teilen. MARLIES BEITZ, Stuttgart

Der eigentliche Skandal

■ betr.: „Aufklärung statt Spionage“, „Der Spion, der am Scanner stand“, taz vom 7. 7. 14

Wieder ist es gelungen, den eigentlichen Skandal, der im NSA-Ausschuss aufgedeckt wurde, durch Berichte über ein „Skandälchen“ in den Hintergrund verschwinden zu lassen. Da berichtet ein ehemaliger, hoher NSA-Mitarbeiter über die jahrelange enge Zusammenarbeit des BND mit der NSA, so wie den daraus folgenden Verfassungsbrüchen durch den BND, und über diesen ganzen Sachverhalt wird kaum noch ein Wort verloren. Auch nicht darüber, was der Kontrollausschuss des Bundestages und vor allem, das Kanzleramt und damit auch die Bundeskanzlerin darüber wusste.

Der für mich wichtigere Teil, die superenge Zusammenarbeit des BND und der NSA verschwindet in der Versenkung.

Ich stelle die Frage, was käme noch über diese Verfassungsbrüche, mit Duldung durch die Bundesregierung, zu Tage, wenn Edward Snowden im NSA-Ausschuss aussagen dürfte? Was würden dann noch für Verfassungsbrüche und damit eklatante Verletzungen der Demokratie in Deutschland ans Licht kommen? Gibt es jetzt noch einen Grund, Snowden kein Asyl in Deutschland zu gewähren, nachdem der „NSA-Spion“ im BND enttarnt wurde?

ALBERT WAGNER, Bochum

Bürgerrechte als Geheimsache

■ betr.: „Deutsch-amerikanische Zweifel“, „Der Schaden ist immens“, taz vom 9. 7. 14

Der NSA-Überwachungswahn gleicht den paranoiden Kontrollfantasien der McCarthy-Zeit. Wieder nimmt eine Gruppe einen Staat in Geiselhaft. Wenn unser Innenminister jetzt vorschlägt, dieselbe Überwachungslogik auszuweiten, um sie in den USA auszuprobieren, dann geht er große Schritte zu mehr Überwachungsstaat. Statt bessere Internetschutzrechte und Rechtsstaatlichkeit, mehr Überwachung.

Wenn Ruprecht Polenz das TTIP mit der Globalisierung europäischer Normen gleichsetzt – und er meint dabei „Werte wie Freiheit, Aufklärung und Menschenrechte“ –, dann verstehe ich nicht, wieso diese Werte so geheim und unter Ausschluss des Parlaments ausgehandelt werden müssen. Die Überwachung und Kontrolle über politische Willensbildung zersetzt doch gerade unsere schwer erkämpften Werte und Normen. Ebenfalls ist Gewinn/Wachstum längst nicht mehr gleich Bürgernutzen.

Wem dienen diese Politiker eigentlich? KAI HANSEN, Nürtingen