Kaffee verkehrt

Tarifvertrag beim Berliner Verlag sieht mehr Betriebsrats-Mitsprache als üblich vor. Gewerkschaften entzückt

Beim Berliner Verlag ist die Einigung über ein Mitbestimmungspaket, bestehend aus Redaktionsstatut und Tarifverträgen, perfekt. Gestern informierte die Geschäftsführung die Belegschaft über die Regelungen. Sie sehen neben dem bereits seit September gültigen Redaktionsstatut umfangreiche Informations- und Beratungsrechte der Betriebsräte in wirtschaftlichen Angelegenheiten und bei der Personalplanung vor. Dies ist bei Medienunternehmen sonst durch den sogenannten Tendenzschutz ausgeschlossen. Zudem wurde ein Altersteilzeitmodell für Mitarbeiter über 59 Jahren vereinbart, das in Zukunft Kündigungen nach Möglichkeit verhindern soll. Ausgeschlossen sind sie aber nicht.

Der Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Kurier, Tip, Anzeigenblätter) war 2005 von Finanzinvestoren unter Führung des britischen Medienunternehmers David Montgomery übernommenen worden. Die Belegschaft hatte sich damals klar von diesen „Heuschrecken“ distanziert. Neben den Berliner Titeln gehört auch das Boulevardblatt Hamburger Morgenpost zum Konzern.

Die Regelungen sehen vor, dass Mitarbeiter, denen jetzt in einem Unternehmensteil die Kündigung droht, in anderen Konzernteilen weiterbeschäftigt werden können. Ein völliger Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sei aber„von vornherein unrealistisch gewesen“, so Verlagschef Peter Skulimma. Alle Verhandlungsparteien hätten sich mit dem Paket „relativ weit vorgewagt“. Das dickste Lob für die nun voll integrierten Heuschrecken kam am Ende von der Gewerkschaft Ver.di: „Ausgerechnet im Umfeld von Finanzinvestoren“ habe man einen Standard an Transparenz und Mitbestimmung erreicht, „den wir uns von vielen der in Familienbesitz befindlichen deutschen Medienunternehmen wünschen würden“. STG