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Archiv-Artikel

Jürgen Gansäuer, scheidender Landtagspräsident Kein Stoibern an der Leine

Von ksc

Viele in seiner Fraktion nervte die pastorale Art des „Freizeit-Diakons“, für andere ist er nur ein „Unikat“: Am Wochenende gab Niedersachsens Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) bekannt, dass er in der kommenden Legislaturperiode nicht mehr antreten will. „Es ist vernünftig jetzt zu gehen, wenn viele noch sagen: ‚Es ist schade, dass er geht‘“, sagte Gansäuer, der seit 1974 im Parlament sitzt. Gemeinsam mit Edmund Stoiber und seinem designierten Nachfolger Günther Beckstein wäre er 2008 der dienstälteste Parlamentarier in Deutschland, erklärte Gansäuer. Aber er wolle „nicht so lange warten wie Stoiber. Der hat es leider falsch gemacht.“

Fast wäre der 62-jährige Industriekaufmann aus Laatzen, der früher mal einen Lotto-Laden führte, Ministerpräsident Niedersachsens geworden. Die Fehde zwischen dem damaligen Fraktionschef und dem 1992 inthronisierten CDU-Spitzenkandidaten Christian Wulff hat die Partei lange gelähmt. Burgfrieden schloss Gansäuer erst, als ihm Wulff nach dem Wahlsieg 2003 das Amt des Landtagspräsidenten antrug – verbunden mit einem VW Phaeton und einem der größten Büros Niedersachsens im einstigen Wintergarten des früheren Leineschlosses.

Gansäuer stand häufig in der Kritik: Niedersachsens, laut Protokoll, oberster Repräsentant redete vor Burschenschaftlern, auch wenn NPDler die Veranstaltung mitorganisiert hatten. Und er redete lieber auf einer JU-Veranstaltung, statt bei der Feier zum 60. Geburtstag des Landes zu erscheinen. Sehr zugesetzt hat Gansäuer die Kritik an einer 14-tägigen, angeblich zu touristischen China-Reise des Präsidiums im September. „Vielleicht habe ich auch Fehler gemacht“, sagte er gestern. „Aber das hätte nicht dazu führen dürfen, in dieser Art und Weise Dreckkübel über mich auszuschütten.“

Nach der Politik will Gansäuer an der Leibniz Universität Hannover Geschichte studieren. Außerdem kündigte der Protestant an, sich stärker in seiner Kirche zu engagieren und die bereits bestehende Hilfe für das Kosovo nicht aufzugeben. ksc