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Archiv-Artikel

Spritfresser werden ausgebremst

Wie viel Kohlendioxid dürfen Neuwagen ausstoßen? Die Europäische Union streitet über neue Normen, Deutsche Umwelthilfe appelliert an Konzerne

von DANIELA WEINGÄRTNER (Brüssel) und SVEN KULKA (Berlin)

Seite an Seite haben sich Kommissionspräsident Barroso und die neue EU-Ratspräsidentin Angela Merkel Anfang des Monats zum Klimaschutz bekannt. Und morgen wird die EU-Kommission ihr Strategiepapier zum Schadstoffverbrauch bei Autos vorlegen. Bislang setzte man auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller, bei ihren Neuwagen den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids bis 2008 auf 140 Gramm pro Kilometer zu drücken. Derzeit liegt die Durchschnittsemission noch bei rund 160 Gramm. Deshalb möchte Umweltkommissar Stavros Dimas am liebsten gesetzlich vorschreiben, dass 2012 kein in der EU hergestellter Pkw mehr als 120 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft blasen darf.

Von 1990 bis 2004 hat die CO2-Emission aus dem Straßenverkehr um 26 Prozent zugenommen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert deswegen verbindliche CO2-Grenzwerte. „Deutsche Produzenten setzen auf Spritfresser“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch in Berlin. Sie hätten den Anschluss an die japanischen Hersteller verpasst. Laut Resch sollten vom kommenden Jahr an alle neu in Deutschland zugelassenen Pkws nicht mehr als 140 Gramm, ab 2012 sogar nur noch 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen.

Die Umwelthilfe stellte noch weitere Forderungen auf: So sollten dienstlich genutzte Neuwagen mit einem CO2-Ausstoß oberhalb der EU-Zielwerte steuerlich nicht mehr absetzbar sein. Außerdem sollte die Kfz-Steuer künftig von den Emissionen des Wagens abhängig gemacht und sollten alle Neuwagen so gekennzeichnet werden, dass der Käufer die Schadstoffwerte vergleichen kann. Dies ist bereits in Belgien, den Niederlanden und der Schweiz möglich.

Hinter den Kulissen der EU-Kommission wird heftig darüber gestritten, ob einer Branche, die vor allem in Deutschland mit leistungsstarken Autos gute Umsätze erreicht, die gesetzlichen Daumenschrauben angelegt werden. Die Gräben verlaufen – wie häufig bei Umweltschutzbelangen – zwischen Dimas’ Abteilung Umweltschutz und Günter Verheugens Generaldirektion Industrie. Dabei hatte Verheugen Ende letzten Jahres mehrfach eingeräumt, an gesetzlichen Grenzwerten führe kein Weg vorbei. Der taz sagte er: „Da wird sich ein Gesetz kaum vermeiden lassen.“ Es sei wohl unbestritten, dass die Automobilindustrie den durchschnittlichen Verbrauch nicht ausreichend senken werde. Für 2012 würden 120 Gramm angestrebt, und es sei jetzt schon klar, „dass dieses Ziel nicht mit einer Selbstverpflichtung zu erreichen ist.“

Inzwischen erklärt sein Sprecher, der Industriekommissar habe einen „integrierten Ansatz“ im Sinn. Die Kommission halte zwar an dem Ziel fest, bis 2012 den Ausstoß auf 120 Gramm pro Kilometer zu senken. Doch könnten dazu auch bessere Motoren, reibungsärmere Reifen und stauvermeidende Verkehrskonzepte beitragen. Denkbar wäre auch, die Automobilbranche in den Emissionshandel einzubeziehen. Die Hersteller könnten dann CO2-Zertifikate für Benzinfresser kaufen, statt in sparsamere Motoren zu investieren.

Dimas hingegen will die Hersteller zwingen, sparsamere Motoren zu entwickeln. Dabei verweist er auch auf einen Gipfelbeschluss der EU-Regierungen vom vergangenen Juni. Die deutsche Ratspräsidentschaft, die das Gesetzesprojekt in den kommenden Monaten vorantreiben müsste, befindet sich in einer schwierigen Lage. Zwar unterstützt Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Pläne, doch andere Ressorts erinnern daran, dass das Gesetz die deutsche Autoindustrie besonders hart treffen würde. Denn die leistungsstarken Motoren, die besonders viel Benzin schlucken, brummen unter der Haube von Mercedes, BMW oder Porsche – und die werden in Deutschland hergestellt.