Klavier-Konsultationen

NEO-KLASSIK Zwiesprache mit seinem Instrument ist für Nils Frahm mehr als eine schlechte Metapher. Jetzt ist sein Album „The Bells“ auch auf CD erschienen. Und morgen ist der Ausnahme-Pianist im Uebel & Gefährlich zu Gast

Im Vordergrund stand die Hingabe an Klang und Einklang von Klavier und Raum

VON ROBERT MATTHIES

Das Zwiegespräch zwischen Musiker und Instrument ist eine Metapher, die meist fehlgeht. Mehr als einen Monolog findet man damit selten bezeichnet. Denn dass zwei sprechen bedeutet eben, dass der andere auch tatsächlich mal den Ton angeben kann. Dem in Berlin lebenden gebürtigen Hamburger Nils Frahm mag man derlei kaschierte Einseitigkeit nicht unterstellen, wenn er sagt, dass das Klavier für ihn ein Gesprächspartner ist. Um dem Gegenüber ganz nah zu sein, ist jedenfalls Koproduzent Peter Broderick – selbst Klavier-Virtuose und Kurator der „Piano Series“ des schwedischen Labels Kning Disk – während der Aufnahmen für Frahms Beitrag „The Bells“ schon mal ins Instrument geklettert, hat sich auf die Saiten gelegt und von innen Anweisungen gegeben: „Peter Is Dead In The Piano“ heißt folgerichtig das Stück.

Verblüffend ist an der limitierten und von Hand gedruckten Platte, die nun auch als CD zu bekommen ist, aber nicht nur die unkonventionell-intime Herangehensweise an das Instrument, sondern auch, dass sie in nur zwei Nächten in der Berliner Grunewaldkirche aufgenommen worden ist und nur auf ein Paar fragmentarischen Kompositionen und sonst vollständig auf Improvisation beruht. So schreibt Broderick etwa im Booklet, wie er Frahm mitten in der Nacht ermuntert hat, ein Stück nur mit den Noten C, E und G zu spielen. Nicht der Plan des Komponisten steht hier im Vordergrund, sondern die aufmerksame Hingabe an Klang und Einklang von Klavier und Raum: an eine Situation emotionaler Dichte, die „The Bells“ eine ungewöhnliche Intensität und Eindringlichkeit verleiht.

Damit tritt Frahms zum einen direkt klassisches Erbe an: Gelernt hat der 28-Jährige die leidenschaftliche Liebe zum Klavier schon früh beim heute 91-jährigen russischen Pianisten und Klavierpädagogen Nahum Brodski. Der wiederum war einer der letzten Schüler Tschaikowskys. Aber auch die Jazz-Piano-Improvisationen eines Keith Jarrett oder die Minimal Music haben Frahm früh begeistert.

Und auch in zeitgenössischer Musik kennt sich der Ausnahme-Pianist gut aus: In Berlin betreibt er seit zwei Jahren das „Durton Studio“ und seinen Geschwistern von der „Erased Tapes“-Label-Familie wie den Postrockern „Codes In The Clouds“ hilft er ebenfalls gern mal aus.

Man darf also gespannt sein, wohin sich Frahms Spiel morgen Abend entwickelt. Eindringlich wird es in jedem Fall.

■ Fr, 18. 2., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66