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Archiv-Artikel

FINALE DEUTSCHLAND – ARGENTINIEN AUF DEM SPLASH!-FESTIVAL IN FERROPOLIS Der Panda spielt und ein kleiner Junge macht „uns“ zum Weltmeister

JURI STERNBURG

Auch im Geburtsland der Ordnung gibt es Planungsfehler, das mussten sich in letzter Zeit die ein oder anderen Teutonen eingestehen. Wie die Veranstalter des Splash!-Festivals dem zurzeit erfolgreichsten deutschen Rapper allerdings ein Zeitfenster während des WM-Finales zuteilen konnten, bleibt ihr Geheimnis.

Nun ist Cro, der Junge mit der Pandamaske, zwar der kommerziell erfolgreichste, aber somit logischerweise auch ungeliebteste Künstler seiner Branche: Schließlich geht es im Rapgeschäft temporär darum, eigentlich aus dem Getto zu kommen und sich auf keinen Fall an die Major-Labels zu verkaufen. Zumindest sagt man das gern – so lange, bis der Scheck von Universal Records auf dem Tisch liegt. Die Freude auf dem Ferropolis-Gelände, dem ehemaligen Braunkohletagebau bei Gräfenhainichen, war also durchaus groß, als langsam allen klar wurde, dass der Mädchenschwarm wohl zeitgleich wie Schweinsteiger & Co spielen würde. Wer so viele Platten verkauft, der kann dann auch mal vor leerem Haus spielen, so die einhellige Meinung.

Kurz vor dem Spiel dann die Eilmeldung: Cro verlegt seinen Auftritt, zuerst wird auf einer Riesenleinwand dem Rasensport gefrönt. Ich hatte mir bereits am ersten Abend einen „Acess-All-Area-Pass ergaunert und lag backstage in einer Schaukel, einen Miniaturfernseher auf dem Bauch gestellt.

Massenveranstaltungen sind ja schon merkwürdig, das gilt genauso für 18-jährige HipHop-Fans – und Fußball ist sowieso missverstanden. Aus unerklärlichen Gründen glauben die Public-Viewing-Besucher, man müsste das Spiel mitkommentieren. Dabei macht Kommentator Tom Bartels dies bereits zur Genüge und kreiert Worthülsen am laufenden Band. Nebenbei erfindet er noch zwei neue Spieler: Manuel Messi und Mario Neuer. Die beiden sind dann auch öfters mal im Blickpunkt. Messi, weil er den Ball neben das Tor schießt. Und Neuer, weil er mal wieder so wirkt, als stelle sich die Frage erst gar nicht, ob das deutsche Team Weltmeister wird.

Der Backstage ist nun leergefegt, alle haben sich zur Bühne begeben, um die letzten Minuten zu sehen, und es passiert das, was äußerst unangenehm für den Pandajungen ist: Es gibt Verlängerung. Da um 23.45 Uhr der amerikanische Hanffetischist Wiz Khalifa auftreten will, wird es jetzt knapp. Zum Glück macht Herr Khalifa, von Rauchschwaden umgeben, kein Theater.

Die Verlängerung läuft, und so langsam steigt auch bei mir das Herzinfarktrisiko. Im Technikbereich der Bühne sitzen sie nun alle: theoretisch verfeindete Rapper, Labelbosse, Klofrauen und Securitymitarbeiter. Als das „Mario Manuel Messi Götze“, oder wie der kleine Junge auf dem Feld heißt, in der 113. Minute das Tor schießt, ist allen klar: Gleich spielt hier der Panda. Und „wir“ sind Weltmeister. Schnell zurück in den Backstagebereich und Schnaps bestellen.

Heimmannschaft: Acrylbongraucher und Jugendliche mit neonfarbenen Sonnenbrillen. Zum Glück nicht in der unansehnlichen Schwarz-Rot-Gold Kombination.

Gästeblock: Nicht vorhanden. Der argentinische Rap ist in Deutschland noch nicht angekommen.

Stadionimbiss: Handbrot. Immer wieder. Eine schlotzige Teigmischung mit frischem Quark drauf.

Ersatzbank: Mit dem eigenen Miniatur-TV im Backstage.

Rote Karte: Wer sich von Textzeilen wie „Guck, ich hab in Sizilien Kartelle/ Du nur mehr nackte Typen unter der Decke als die Sixtinische Kapelle“ abgeschreckt fühlt, sollte dem Festival besser fernbleiben.

Das Splash!-Festival (HipHop und Reggae) findet jedes Jahr im Juli auf der Halbinsel Ferropolis im sachsen-anhaltischen Gräfenhainichen statt – eine gute Stunde Zugfahrt von Berlin