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Archiv-Artikel

ZWISCHEN DEN RILLEN Neues vom Pferd

British Sea Power, „Valhalla Dancehall“ (Rough Trade/Beggars/Indigo)

Mit dem dreibeinigen Pferd auf dem Cover ihres neuen Albums „Valhalla Dancehall“ verneigen sich British Sea Power (BSP) vor dem tschechischen Autor Bohumil Hrabal. Dieser verstand es, auf Pferde zu wetten, „with three legs but with beautiful names“.

Wer beim Titel des neuen Albums der Briten darauf wettet, norwegischen Dancehall zu Gehör zu bekommen, hat aufs falsche Pferd gesetzt: Trotz des Gebrauchs von Synthesizern beim Song „Living is so easy“ ist der Rest des Albums nicht gerade elektronisch geraten. Die Band um die beiden Brüder Yan und Hamilton setzt weiterhin auf stromlinienförmigen Indierock. Arcade Fire, die jüngst den Grammy für das „Album des Jahres“ gewonnen haben, eine Band, mit der BSP häufig verglichen wird, wurden zuletzt Einfallslosigkeit, zu viele Synthesizer und mangelnder Humor vorgeworfen. Humorlosigkeit darf und kann man den sechs Musikern von BSP nicht anlasten: Mit literarischen und historischen Querverweisen in ihren Texten wird es bei der Band aus Brighton so schnell nicht langweilig. Beim Stück „Stunde Null“, das mit einem Krautrock-Groove unterfüttert ist, legen sie klangliche Germanophilie an den Tag. Etwas, das die Band nach eigener Aussage immer tun wollte, sich aber bisher nicht traute. Im Text zur Single „Living is so easy“ stellt sich Bassist und Sänger Hamilton Deutschland zur Wende vor: „Everyone, the Wessies and the Ossies, everyone is going to the party“. Auch wenn sie hierzulande eher als Geheimtipp gehandelt werden, haben sie in ihrem Heimatland bereits eine erfolgreiche Karriere gestartet.

Mit dem Vorgängeralbum „Do you like rock music?“ von 2008 erreichten sie Platz 10 der UK-Charts und handelten sich ebenfalls eine Nominierung bei den Mercury-Awards ein. Mit „Valhalla Dancefloor“ haben sie zwar das Rad nicht neu erfunden. Trotzdem: die 13 Songs bestechen durch Variation. Umwoben von hämmernden Gitarren und Bässen, wird die Musik vor allem vom Groove gesteuert. „Mongk II“ ist so ein Song. Mit einem unglaublich treibenden Schlagzeug, einem Pfeifen und Dröhnen des Basses kommt der Track rau und ungeschliffen daher wie kein Zweiter. Jedes Verstärkerheulen, jedes Riff, jeder Ton sitzt an der richtigen Stelle. Manchmal wird das nur durch die Texte gebrochen, die fast zu ernsthaft geraten sind, etwa wenn Hamilton das moderne Leben kritisiert: „The human nature show has got no place to go, it’s all just effigies and girls in magazines“.

Wer British Sea Power mag, muss stürmische Gitarrenriffs lieben. Sie bestimmen den Sound von „Valhalla Dancehall“. Nur in den zwei ruhigeren Stücken „Cleaning Out the Rooms“ und „Baby“ ersetzen Geigen die Gitarren. Sänger Hamilton dimmt sein Organ, die Band evoziert eine melancholische Stimmung, wie bei The Cure in den 80igern. Rundum gut.

CHRISTINA STEENKEN

■ Tourdaten: 11. 3. 2011 München, 59to1 , 12. 3. 2011 Berlin, Lido 13. 3. 2011 Köln, Luxor