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Archiv-Artikel

Asbestfund an der Ostsee hat Folgen

GIFTSTOFF Verseuchte Wanderwege auf der Halbinsel Darß werden gesperrt und saniert. Gutachter empfehlen nun die Untersuchung weiterer Wege, doch die Behörden zögern aus Kostengründen

BERLIN | Viel Zeit ist vergangen – doch nun haben die Warnungen besorgter Urlauber und Recherchen der taz doch noch Konsequenzen: Auf dem Darß, einer beliebten Tourismusregion an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern, werden zwei Rad- und Wanderwege mit sofortiger Wirkung gesperrt, weil sie aus asbesthaltigem Schotter bestehen. Nach Angaben des Amts Fischland-Darß sollen die betroffenen Wege nahe dem Ostseebad Wustrow innerhalb von vier Wochen komplett saniert werden.

Den Verdacht, dass die viel genutzten Wege entlang der Dünen und der Steilküste zum Teil aus asbesthaltigem Bauschutt bestehen, hatten Urlauber gegenüber der Kurverwaltung schon vor eineinhalb Jahren geäußert. Doch diese ging das Problem nicht an, sondern spielte es auch auf taz-Anfrage herunter. Erst nachdem ein Gutachten im Auftrag der taz ergeben hatte, dass Steine vom Dünenweg zwischen Wustrow und Ahrenshoop eindeutig Asbestfasern enthielten (taz vom 11. September 2010), leiteten die örtlichen Behörden eine eigene Untersuchung ein.

Dieses neue Gutachten, das am Mittwoch vorgestellt wurde, bestätigt den Verdacht in vollem Umfang. Die Wege um Wustrow enthalten Asbest; insgesamt gehen die Gutachter auf der untersuchten Strecke von 1,3 Kilometern von drei Tonnen des verbotenen Materials aus. Dass Asbestfasern aus dem Bauschutt durch Reibung und Wind freigesetzt werden, sei „als sicher zu betrachten“, schreiben die Gutachter. Eingeatmete Asbestfasern gelten als krebserregend.

Dass die Untersuchungen so lange dauerten und die betroffenen Wege nach den ersten Warnungen nicht vorsorglich gesperrt wurden, mag man im zuständigen Amt Fischland-Darß auch heute nicht als Fehler sehen. Schuld an den Verzögerungen sei das beauftragte Gutachterbüro gewesen, sagte der leitende Verwaltungsbeamte des Amtes, Lutz Hennig. Nun sei entscheidend, „dass das Problem schnell gelöst wird“. Als gute Nachricht sieht er, dass die Gutachter insgesamt 15 Kilometer Radwege untersucht hätten und nur auf 1,3 Kilometern Asbest gefunden hätten. „Der Rest ist augenscheinlich sicher.“ Diese Interpretation stützt das Gutachten allerdings keineswegs. Denn während von den als besonders verdächtig gemeldeten 1,3 Kilometern rund um Wustrow insgesamt 24 Proben untersucht wurden, entfielen auf die übrigen 14,5 Kilometer bei Born und Zingst nur Proben. Darum schreiben auch die Gutachter, das „sehr weit gefasste Probenraster und die Asbestanalytik an nur einer Untersuchungsprobe je Weg lassen generell keine Aussagen zur Asbestbelastung oder Asbestfreiheit dieser Wege zu“. Sie empfehlen „Nachuntersuchungen“. Ob das Amt dieser Empfehlung folgt, ließ Hennig gegenüber der taz offen. Grund: „Wir müssen auch auf die Kosten achten.“ TAZ