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Archiv-Artikel

hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Samuel Beckett aber meinte: „Alles seit je. / Nie was anderes. / Immer versucht. / Immer gescheitert. / Einerlei. / Wieder versuchen. / Wieder scheitern. / Besser scheitern …“

Das darf man jetzt einfach mal ein paar Zeilen lang so stehen und sacken lassen, während man sich zwischendurch ans Meer setzen mag und dort den Wellen zuschauen, die sich doch irgendwie alle recht ähnlich sehen, die Wellen, ohne dass das ihnen irgendjemand zum Vorwurf machen würde. Und wie die Wellen ist auch die Wellenreitermusik Surf sich in den Liedern recht ähnlich. Wenn das eine Stück zu Ende ist, kommt schon das nächste, das prinzipiell wieder so klingt wie das vorige. Das ist Surf. Surf ist schlicht, und Surf ist standardisiert, und gerade darin ist Surf ein strenger Lehrer, der die Musiker zur Beschränkung und Präzision zwingt, ohne irgendwelche Ausflüchte zuzulassen. Nichts, was die strenge Form zerstören könnte. Dafür bekommt man mit Surf ein Spielfeld von einer ungemeinen Intensität, alles seit je, nie was anderes. Und immer wieder neu versuchen.

Eigentlich hat Samuel Beckett ein Surf-Gedicht geschrieben.

Man kann seine Zeilen jedenfalls ja mal mitnehmen zu dem Konzert am Freitag in dem im Kellergewölbe unter dem Weltrestaurant Markthalle beheimateten Auster-Club, wo sich das Berliner Surf-Trio The Deep durchaus an die strengen Regeln hält und es dabei doch schafft, gleichzeitig noch musikalisch in die Weiten eines Spaghetti-Western zu schauen. Mit dabei im Auster-Club sind Bikini Jesus, gleichfalls aus Berlin, mit einem mehr vom Indierock gedachten Surf, bei dem auch gesungen wird und der manchmal schlicht Indierock auch ohne Surf sein kann (Pücklerstr. 34, 21 Uhr).

Etwas andere Regeln gelten bei Howlin’ Rain: Das ist Bart und zottelige Haare. Das ist Lederjacke und Gitarrensolo. Das ist Boogierock, als wäre der Kalender im Stand der Dinge 1970 festgefroren, als von Free gerade deren „All Right Now“ erschienen ist. Und bei Howlin’ Rain, der aus San Francisco kommenden und mit Rick Rubins American Recordings verbandelten Band, ist das schon okay so. Sie spielt gleichfalls am Freitag im Privatclub (Skalitzer Str. 85/86, 20 Uhr, VVK: 13 €).

Nicht die schlechtesten Argumente sind auch T. Rex, Roxy Music und unbedingt Bowie – was das Coverprojekt Pleasuredome alles im Repertoire hat. Am Samstag spielt der kostümierte Trupp wiederum im Auster-Club (21 Uhr) – auch als Anregung, dass man doch mal im Martin-Gropius-Bau zu der David-Bowie-Austellung dort vorbeischauen könnte für einen weiteren kleinen Teil Glam in seinem Leben. Bis zum 24. August hat man dazu die Gelegenheit. Die Schau wurde verlängert.