Hochhaus statt Kirchturm

Die evangelische Kirchengemeinde Alt-Barmbek gibt ihr Gelände im alten Kern des Stadtteils auf. Sehr zum Leidwesen einer Anwohnerinitiative, die sich wegen der geplanten Nutzung sorgt

von Gernot Knödler

Aus einem Kirchengrundstück im Zentrum Barmbeks, nicht weit vom Museum der Arbeit, soll ein Wohnquartier werden. Anwohner wehren sich dagegen, weil der Kirchturm zwei Hochhäusern und weiteren Wohnbauten weichen soll. Sie finden, der Stadtteil sei bereits dicht genug bebaut. Alle Fraktionen in der Bezirksversammlung hingegen haben sich positiv zu den Plänen geäußert.

Die Kirchengemeinde Alt-Barmbek leidet unter dem Mitgliederschwund der evangelisch-lutherischen Kirche und dem sinkenden Kirchensteueraufkommen. Die 1,5 Millionen Euro teure Sanierung der 1903 eingeweihten Heiligengeistkirche an der Hufnerstraße würde die Gemeinde nach eigenen Angaben überfordern. Sie hat deshalb beschlossen, ihre Gemeindearbeit in der Kreuzkirche in der Wohldorfer Straße zu konzentrieren und das Grundstück an der Hufnerstraße, auf dem auch ein Gemeindehaus steht, zu verkaufen. Den Erlös aus dem Kirchengrundstück will die Gemeinde zum größten Teil in ein Community-Center an der Kreuzkirche investieren, in das soziale Einrichtungen wie die Bücherhalle oder das Kulturhaus Dehnhaide einziehen würden.

Mit der Firma Behrendt-Bau wurde ein Investor gefunden, der auf dem alten Gelände einen Gebäudekomplex mit insgesamt rund 90 Wohnungen für unterschiedliche Zielgruppen bauen würde. Der Kirchturm würde abgerissen. Vom Kirchenschiff bliebe der Ostflügel stehen, der von zwei Wohntürmen, acht und zwölf Stockwerke hoch, flankiert würde. Die Linden, die heute die Kirche umgeben, blieben stehen. Der Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung hat die entsprechenden Pläne bereits für gut befunden.

„Wir meinen, das ist ein Entwurf, der ablesen lässt, was hier einmal gewesen ist“, sagt der Fraktionsvorsitzende der GAL, Holger Koslowski. Er berücksichtige den historischen Straßenverlauf, statt tabula rasa zu machen. Die beiden Wohntürme betonten nach Ansicht der Planer die Besonderheit des Ortes, so wie das heute noch der Kirchturm tue.

Die Anwohnerinitiative Alt-Barmbek dagegen sieht in den geplanten Türmen einen „ökologischen und städtebaulichen Störfall“. Ihre Höhe sprenge das menschliche Maß, das im Falle von Wohngebäuden bei vier bis fünf Stockwerken liege. Auch jüngere Neubauten im Stadtteil seien maximal sechs Etagen hoch aufgeführt worden.

Mit den zusätzlichen 90 Wohnungen werde der Stadtteil unmäßig verdichtet und die Lebensqualität verringert, findet die Initiative. Sie befürchtet, dass als nächstes das benachbarte Gelände des aufgegebenen Gymnasiums Uhlenhorst-Barmbek bebaut werden könnte. „Nach allem, was wir in den letzten Jahren in dieser Stadt erlebt haben“, orakelt sie, „gehen wir davon aus, dass weder der Teich, noch der kleine Sportplatz oder die Turnhalle überleben werden.“