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Archiv-Artikel

Panne beim Platzhirschen

Eon ist auf dem Weg an die Spitze der europäischen Energieversorger. Ausfälle sind dabei nicht einkalkuliert

BERLIN taz ■ Glaubt man dem VIK-Index, so ist der Preis für Industrie-Strom seit Januar 2002 um 75 Prozent gestiegen. VIK ist der „Verband der Industriellen Energiewirtschaft“ – also grüner Stimmungsmache völlig unverdächtig. Der größte deutsche Energieversorger Eon erzielte 2002 einen Gewinn von 2,8 Milliarden Euro. 2005 konnte Eon seinen Gewinn auf 7,4 Milliarden Euro steigern – ein Plus von 260 Prozent.

Ob es zwischen den Zahlen einen Zusammenhang gibt? Eon jedenfalls verwies auf den „Verkauf von Geschäftsteilen“ – etwa die 43-prozentige Beteiligung am Chemiekonzern Degussa. Allerdings hatte Eon schon im Jahr davor 6,2 Milliarden Euro Gewinn erwirtschaftet. Und auch 2006 nutzen Analysten bei den Prognosen das Adjektiv „sprudelnd“.

Eon entstand im Jahr 2000 aus der Fusion von Veba und Viag. Von da an betrieb der Konzern eine beispiellos aggressive „Konzentration aufs Kerngeschäft“ – also eine extreme Übernahmepolitik. Zahlreiche Beteiligungen wurden verkauft – etwa der Mobilfunker Viag Interkom (heute O2), der Wasserversorger Gelsenwasser oder die Immobiliengesellschaft Viterra. Mit einer gut gefüllten Kriegskasse zog Eon anschließend durch Europa: In Ungarn, Bulgarien, Tschechien und den Niederlanden sind die Düsseldorfer heute Platzhirsch.

Der größte Coup gelang aber in Deutschland: Im November 2001 meldete Eon beim Bundeskartellamt die Übernahme der Ruhrgas AG an. Als sich die Wettbewerbshüter querstellten, genehmigte der damalige Wirtschaftsminister Werner Müller den Kauf per Ministererlaubnis: Eon wurde zum alleinigen Ruhrgas-Eigentümer und mit einem Marktanteil von etwa 60 Prozent der größte deutsche Gasversorger. Wer glaubte, Eon würde nun pausieren, irrte: Seit Jahresanfang tobt eine Übernahmeschlacht um den größten spanischen Energieversorger Endesa. Eon hatte sein Kaufgebot immer weiter erhöht – von zunächst 26,9 Milliarden Euro auf 37,1 Milliarden. Am Samstag nun hat das spanische Innenministerium den Widerstand aufgegeben. Bis auf zwei seien alle Bedingungen fallen gelassen worden, mit denen Madrid den Verkauf Endesas blockiert hatte, sagte ein Sprecher. Das allerdings war vor dem Blackout im Stromnetz. NICK REIMER