MATTHIAS LOHRE ÜBER DIE SORGEN DER GRÜNEN NACH DER HAMBURG-WAHL : Willkommen in der Realität
Letztes Jahr schien es, als könnten die Grünen nicht verlieren. 2011 beginnt mit dem Eindruck, sie könnten nicht gewinnen. Der Zeitgeist hätschelte bis vor kurzem die Partei: Die Proteste gegen Stuttgart 21 und die Verlängerung der Atomlaufzeiten verschafften ihnen in Wahlumfragen gewaltigen Zuspruch. Sie waren die Innerparlamentarische Opposition für jene, die sich von Großindustrie und Schwarz-Gelb übers Ohr gehauen fühlten. Und für jene, die Grün-Wählen schlicht angesagt fanden. Nun zeigt das Öko-Ergebnis bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg: Der Höhenflug der Grünen ist vorbei, bevor er wirklich begonnen hat.
Der erste Test dafür, wie viel die hohen Umfragewerte für die Grünen wert sind, ist für die Partei ernüchternd ausgefallen: Nur drei Tage vor der Wahl wurden der Partei noch 15 Prozent attestiert. Am Wahlabend lag sie nur knapp über ihrem alten Ergebnis, bei 11,2 Prozent. Was unter normalen Umständen ein Erfolg wäre, ist nach den Höhenflügen der vergangenen Monate ein Schock. Die Befürchtung der Grünen bewahrheitet sich: Aus Umfragen werden keine Wahlergebnisse. Das bringt die gesamte Planung der Partei fürs Superwahljahr durcheinander – und gefährdet ihren Anspruch als neue dritte Kraft.
In Baden-Württemberg könnte es nicht reichen für Rot-Grün, erst recht nicht für einen Grünen-Ministerpräsidenten. In Sachsen-Anhalt droht das Reißen der Fünfprozenthürde. Und in Berlin könnte Renate Künasts Spitzenkandidatur nur zu Rang drei führen. Das Gewinnerimage hat die Partei für viele Wechselwähler interessant gemacht. Dieser Glanz ist weg.
Zu Beginn des Wahljahres scheint es, als könnten die Grünen nicht gewinnen. 2011 könnte mit diesem Eindruck auch enden.
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