: Druck auf zu Guttenberg wächst
PLAGIAT FDP-Politiker Kubicki fordert Rücktritt des Verteidigungsministers. Kanzlerin Merkel verteidigt ihn erneut. Und die Opposition will Guttenberg im Bundestag stellen
■ Die Aufklärer: Angestoßen haben die Affäre „traditionelle“ Medien. Seitdem durchwühlen aber vor allem hunderte private Internetnutzer auf dem Wiki „GuttenPlag“ (http://de.guttenplag.wikia.com) die Dissertation. Dabei wurden bislang fast ausschließlich digitalisierte Quellen abgeglichen – in Printerzeugnissen dürften noch Hinweise auf weitere Plagiate schlummern.
■ Der Urheber: Er nennt sich „PlagDoc“ und ist Doktorand an einer Hochschule. Mehr verrät er nicht. Als Gründer verwaltet er das Projekt, hat aber keine „Lenkungsfunktion“, heißt es auf der Seite.
■ Das Prinzip: Mit einem Wiki können Webseiten gemeinsam bearbeitet werden. Bekanntestes Beispiel ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia. (wir)
VON NIKLAS WIRMINGHAUS UND STEFAN REINECKE
Es ist die sechste Frage nach zu Guttenberg, die Angela Merkel beantworten soll. Eigentlich geht es in der Berliner Parteizentrale um die Hamburg-Wahl, aber an zu Guttenberg, dem Held, der über Fußnoten fällt, führt einfach kein Weg vorbei. Wird er zurücktreten müssen? Vertraut sie ihrem Minister noch? Liest sie denn keine Zeitung, fragt ein niederländischer Journalist.
Merkel schaut geduldig, versichert, dass sie „volles Vertrauen“ zu Guttenberg hat, und sagt: „Ich habe einen Verteidigungsminister berufen, keinen Doktor oder wissenschaftlichen Mitarbeiter.“ Und später: „Ich bin nicht die Universität Bayreuth“.
Das ist die Verteidigungslinie der Union im Fall Guttenberg. Bayreuth soll entscheiden, dann wird man sehen. Daran knüpft sich die vage Hoffnung, dass das mediale Interesse an Fußnoten und Promotionsordnungen nordbayerischer Provinzunis irgendwann erlahmt.
Aber schon am Montag bröckelten die koalitionären Verteidigungslinien – und das Wort vom Rücktritt machte die Runde. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach in der Süddeutschen Zeitung von Rücktrittsgedanken Guttenbergs. „Ich habe ihm geraten durchzuhalten“, sagte Seehofer dem Blatt. „Rechtzeitig“ habe er mit Guttenberg gesprochen. Am Montagmorgen versuchte Seehofer dann eine halbe Schadensbegrenzung: Guttenberg habe ihm gegenüber „nie einen Rücktritt angekündigt oder angedroht“, so der Ministerpräsident.
Mit dem für seine innerkoalitionären Querschüsse berüchtigten Schleswig-Holsteiner FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sprach sich zudem der erste Koalitionspolitiker für einen Rückzug Guttenbergs aus. Er forderte die zeitweilige „Abberufung“ des Ministers und bat die Bundeskanzlerin, „den Minister zum eigenen Schutz und aus Respekt vor dem Amt des Verteidigungsministers abzuberufen“.
BUNDESKANZLERIN ANGELA MERKEL
Im Wiki „GuttenPlag“ zogen die Plagiatsjäger am Montagnachmittag eine erste Bilanz. Mindestens 139 Berichte über Unstimmigkeiten waren eingegangen, damit gab es Plagiatsfunde auf 35 Prozent der 393 Haupttextseiten der Arbeit.
Guttenberg selber hatte am Freitag erklärt, ausschließlich mit der Universität Bayreuth „über dieses Thema“ zu kommunizieren. Die Opposition will vom Verteidigungsminister jedoch Antworten – und das schon in dieser Woche. „Die Republik diskutiert und der Minister duckt sich weg – das kann nicht sein“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels der taz. „Dass der Minister in einer Sitzungswoche des Bundestags Stellung beziehen muss, ist doch völlig klar“, so Bartels.
Für diese Wochen beantragten SPD und Grünen folgerichtig eine aktuelle Stunde. Am Donnerstag wird zudem zum ersten Mal die Bundeswehrreform im Parlament diskutiert. Irgendwann wird sich Guttenberg erklären müssen. Allerspätestens Anfang März: Bis dahin will die Universität Bayreuth eine schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen ihren ehemaligen Doktoranden haben.