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Archiv-Artikel

senatsressorts Ein fauler Kompromiss

Die rot-rote Koalition hat entschieden, wie sie den Garten bestellen will. Und herausgekommen ist ein Kompromiss, der es beiden ermöglicht, ihr Gesicht zu wahren. Die PDS darf trotz ihres schlechten Wahlergebnisses wieder drei Gärtner schicken, wie zuvor. Dafür verlegt die SPD ihren Zaun ein gutes Stück aufs PDS-Beet, indem sie die Wissenschaft und die Kultur für sich beansprucht. Dieser Tausch – Postenzahl gegen Ressorts – ist eher machtpolitischen denn inhaltlichen Erwägungen geschuldet. Und für die Stadt birgt er, das haben Kompromisse so an sich, gute und böse Überraschungen.

Kommentar von ULRICH SCHULTE

Bezeichnend ist dabei, wie er zustande kam: Beide Parteien haben ausgerechnet über die Ämterzahl im künftigen Senat erbittert gestritten. Als es zuvor um Inhalte ging, liefen die Koalitionsverhandlungen schnell und geräuschlos ab – selbst die nach Karlsruhe selten brisante Haushaltsfrage entfaltete nicht die Sprengkraft wie die der Posten.

Bezeichnend ist auch, dass das Ressort des Noch-Kultursenators der persönlichen Aversion des Regierenden gegen den Intellektuellen Thomas Flierl zum Opfer fiel. Die Entscheidung, das Schöngeistige zum Anhängsel der Senatskanzlei zu degradieren, wird Folgen haben: Natürlich ist es eine Katastrophe für die internationale Strahlkraft Berlins, die Kultur unter der Obhut des Kulturkenners Klaus Wowereits anzusiedeln, der sich wohl auch „Starlight Express“ in der Staatsoper vorstellen kann.

Aber dem stehen durchaus positive Signale gegenüber. Der neue Senat widmet dem Thema Integration endlich offiziell ein Ressort, dafür war es höchste Zeit. Er bündelt Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz in einer Verwaltung, die die Lebenswelt aller BerlinerInnen unmittelbar berührt. Er fasst auch die Bildung bei einem oder einer SupersenatorIn zusammen, der oder die nun Kitas, Schulen und Universität zusammen denken muss. Die SPD muss nur noch jemanden finden, der diese Aufgabe schultern kann. Der erste Eindruck, den Rot-Rot II hinterlässt, ist also ein typischer Kompromiss: Manches macht Mut, vieles macht Angst.