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Archiv-Artikel

Showdown der Gläubiger

WINDKRAFT-PLEITE

Von SMV

Das kann voll und hitzig werden am Dienstag in den Hamburger Messehallen bei der Gläubigerversammlung des zahlungsunfähigen Windenergie-Unternehmens Prokon aus dem schleswig-holsteinischen Itzehoe. Immerhin rund 75.000 Anleger sehen sich um zusammen 1,4 Milliarden Euro gebracht, die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt parallel wegen Insolvenzverschleppung, Untreue und weiterer Wirtschaftsdelikte gegen den Firmengründer Carsten Rodbertus aus Hohenaspe bei Itzehoe. Selbst wenn nicht alle Gläubiger kommen, wird es auf jeden Fall hitzig werden. Denn um Prokon wird mit harten Bandagen gekämpft.

Auf der einen Seite steht „Öko-Pionier“ Rodbertus mit dem langen grauen Haarzopf, der sein Lebenswerk retten will, das mit gleichberechtigten Anteilseignern einen ökologischen und soziokulturellen Ansatz verfolgte und bis zu acht Prozent jährliche Rendite verhieß. „Die Idee war bestechend. Wir haben aber das Gefühl über den wirtschaftlichen Sachverstand gestellt“, gesteht ein einstiger Gefolgsmann inzwischen ein. Dabei habe es „böse kaufmännische Fehler“ gegeben.

Auf der anderen Seite steht der Insolvenzverwalter, der Hamburger Rechtsanwalt Dietmar Penzlin. Er berichtete den Gläubigern in mehreren Schreiben von nicht testierten Jahresabschlüssen, ungeprüften und ungesicherten Krediten in Millionenhöhe sowie „frei erfundenen“ 159 Millionen Euro liquider Mitteln per anno. „Fantasiezahlen“ seien das, schreibt Penzlin, und Rechnungen, die „niemals aufgehen“ könnten. Die Gläubiger sollten auf die Vereinfachungen von Rodbertus nicht hereinfallen, warnt der Insolvenzverwalter: „Sie gefährden damit ihr Vermögen.“

Noch ist ungewiss, wie viele Gläubiger kommen werden. Einige Tausend werden durch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK) vertreten. Die Anlegerschützer warnen ebenfalls vor dem Vorgehen des Ex-Gründers. „Da macht sich der Bock zum Gärtner“, findet SDK-Vorstandsmitglied Daniel Bauer.

Bei aller Sachlichkeit, die der Insolvenzverwalter schon qua seines Amtes mitbringt, ist es ihm mit seinem Widersacher längst zu bunt geworden: „Herr Rodbertus stilisiert die anstehende Gläubigerversammlung zu einem Kampf. Darum geht es hier aber überhaupt nicht“, schrieb Penzlin. Vielmehr gehe es um die Gläubiger, das Unternehmen und 300 Arbeitsplätze. Und dafür habe er ein Sanierungskonzept, „das sich an realistischen Maßstäben orientiert“. Dafür fehlt jetzt nur noch der offizielle Auftrag der Versammlung.  SMV