: „Niederländer sind einfach viel lockerer“
Im Nachbarland wird der Chef geduzt und Kreativität gefördert, sagt der Venloer Arbeitsvermittler Lambert Weis
taz: Herr Weis, immer mehr Menschen aus Nordrhein-Westfalen suchen sich Jobs in den Niederlanden...
Lambert Weiss: Ja, der Markt zieht enorm an. Facharbeiter werden genauso gesucht wie Lagerarbeiter oder Handwerker.
Trotz der Sprachbarriere?
So groß sind die Probleme gar nicht. Gerade hier an der Grenze zu Deutschland spricht doch fast jeder Deutsch. Aber es gibt natürlich Firmen, die keine Deutschen beschäftigen wollen.
Warum?
Meistens genau wegen Sprachproblemen. Gerade höher qualifizierte Jobs erfordern natürlich gewisse Niederländisch-Kenntnisse. Es gibt aber auch Unternehmen, in denen die Sprache wirklich keine Rolle spielt. Beim Paketzusteller UPS kommt bereits mehr als ein Drittel der Belegschaft aus Deutschland. Da gibt es auch deutsche Vorarbeiter, deutsche Führungskräfte.
Aber viele Niederländer glauben doch, Deutsche seien verkrampft und überkorrekt?
In niederländischen Firmen gibt es einen anderen Führungsstil, das stimmt. Hier ist der Chef der Piet, der wird geduzt – und das ist kein Zeichen von mangelndem Respekt. Hier wird Kreativität und eigenständiges Denken gefordert. Niederländer sind da einfach viel lockerer. In Deutschland dagegen herrscht immer noch das Meister-Prinzip, ein Top-down-Führungsstil mit viel Druck. Ob das die Mitarbeiter zu optimaler Leistung motiviert, wage ich zu bezweifeln.
Dennoch bleiben die meisten Deutschen Berufspendler.
Wir haben auch viele Leute vermittelt, die nach einer gewissen Zeit umgezogen sind. Die lernen dann bei der Arbeit niederländisch, machen zusammen mit ihrer Familie zusätzliche Sprachkurse.
Die beruflichen Perspektiven sind also besser als in Deutschland?
Ja. Die Bruttolöhne sind zwar etwas geringer, aber trotzdem bleibt den Leuten netto mehr. Die Krankenkasse, die Rentenversicherung – all das kostet in den Niederlanden viel weniger.
Dafür gibt‘s aber auch einen geringeren Kündigungsschutz.
Stimmt. Niederländer sind eben flexibler. Das beginnt schon bei der Haltung zur Zeitarbeit: 90 Prozent aller unbefristeten Jobs wurden ursprünglich über Zeitarbeitsfirmen vermittelt. Aber wenn sich jemand bewährt, wird die Firma natürlich alles tun, um den Mitarbeiter zu halten. Der LKW-Hersteller DAF etwa sucht gerade dringend Lackierer oder CNC-Dreher, genau wie Führungskräfte: Wir haben bereits Ingenieure vermittelt, die bei BenQ in Kamp-Lintfort entlassen wurden.
INTERVIEW: A. WYPUTTA