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Archiv-Artikel

Umweltschutz wird zur Verschlusssache

Die Bundesregierung druckst herum, unter welchen Bedingungen sie für den Großstaudamm Ilisu bürgen will

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung plant, den umstrittenen Großstaudamm Ilisu im Südosten der Türkei mit 100 Millionen Euro Hermes-Bürgschaften abzusichern. Doch ob ihre grundsätzliche Zustimmung mit internationalen Vergabestandards vereinbar ist, lässt sich derzeit nicht überprüfen. Denn die Auflagen, die die Bundesregierung an ihre endgültige Bürgschafts-Zusage knüpft, werden geheimgehalten: „Das ist ein Skandal, denn unter diesen Umständen ist eine ernsthafte Diskussion über den Projektstand nicht möglich“, sagte gestern Heike Drillisch von der Entwicklungsorganisation Weed der taz. „Das Vorgehen verstößt gegen die Leitlinien der OECD sowie Veröffentlichungsstandards der Weltbank“, sagte Drillisch.

Das zwei Milliarden Euro teure Staudamm-Projekt am Tigris hat einschneidende Auswirkungen auf Menschen, Natur und Kultur. 55.000 Menschen müssen umgesiedelt werden, neue Wohnorte und Verdienstmöglichkeiten finden. Der 300 Quadratkilomerter große Stausee würde auch 300 denkmalgeschützte archäologische Stätten sowie die 9.000 Jahre alte Stadt Hasankeyf verschlucken. Auch die ökologischen Auswirkungen sind nicht geklärt.

Die Geheimnistuerei um die Auflagen räumte der Konsortialführer gestern ein: „Wir lehnen eine Veröffentlichung ab, solange es keine Einigung über die Auflagen innerhalb des Konsortiums und mit der Türkei gibt“, sagte Alexander Schwab von Anlagenbauer VA Tech Hydro der taz. Er bestätigte auch die vorläufige Hermes-Kreditzusage.

„Das Verhalten der Beteiligten lässt sich unter den Begriffen Mauschelei, Intransparenz und Niedrigstandards zusammenfassen“, sagte Ute Koczy. Die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen hält öffentlichen Druck für nötig und ruft für kommenden Freitag mit zu einer Demonstration in Berlin auf. „Ohne Beteiligung der Bevölkerung gibt es kein transparentes Verfahren“, sagte Koczy der taz.

Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) versuchte gestern die Wogen um die Ilisu-Bürgschaft zu glätten: „Eine Zustimmung der Bundesregierung für die Bürgschaften wird es nur geben, wenn unsere Auflagen erfüllt sind“, sagte gestern Markus Weidling vom BMZ der taz. Er wollte nur verraten, dass es dabei um „Umweltschutz, Umsiedlung und Auswirkung auf die Nachbarn Syrien und Irak“ geht.

TARIK AHMIA