: EuGH-Urteil zur Abschiebehaft macht Wirbel
AUSREISEPFLICHTIGE Hamburg will seine Abschiebehäftlinge im schleswig-holsteinischen Gefängnis Rendsburg einsperren. Kieler Minister beraten heute über Amtshilfe. Schwerins Grüne fordern Regress für inhaftierte Flüchtlinge
Das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH), das eine Trennung von Abschiebehäftlingen und Strafgefangenen gebietet, kam zwar nicht überraschend, löste jedoch in einigen Nordländern große Betriebsamkeit aus. So überlegt die rot-grün-dänische Kieler Landesregierung die zur Zeit leer stehende Rendsburger Haftanstalt für Ausreisepflichtige doch nicht zu schließen, um Hamburg aus der Bredouille zu helfen. Hamburg darf nach dem Urteil seine – zurzeit nicht belegten – 35 Haftplätze in einem separaten Trakt des Gefängnis Hamburg-Billwerder nicht weiter nutzen.
Aus Sicht des schleswig-holsteinischen Flüchtlingsrats wäre das ein Rückschritt. Er hält nicht nur die gemeinsame Unterbringung von Abschiebehäftlingen und Strafgefangenen für inhuman, sondern die Abschiebehaft an sich. In dieser Bewertung sei sich der Flüchtlingsrat mit Innenminister Andreas Breitner (SPD) einig, sagte dessen Geschäftsführer Martin Link noch vor einigen Wochen. Die Rendsburger Abschiebehaftanstalt müsse daher sofort geschlossen werden. Ohnehin sei seit Wochen niemand mehr dort inhaftiert.
Doch nun kommt der Hilferuf aus Hamburg. Nach taz-Informationen wollen sich schon heute Innenminister Breitner und Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) damit abschließend befassen. Hamburgs Innenbehörden-Sprecher, Frank Reschreiter, hatte bereits vorige Woche angedeutet, dass es zu einer Kooperation mit einem anderen Nordland kommen würde.
Mit anderen Konsequenzen aus dem EuGH-Urteil muss sich die rot-schwarze Koalition im Schweriner Landtag befassen. Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern verlangen, dass die nahezu 100 Abschiebehäftlinge, die in den vergangenen drei Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bützow bei Rostock unterbracht waren, entschädigt werden.
„Nun steht fest: Die Landesregierung hat jahrelang europarechtliche Vorgaben ignoriert – eine klare Verletzung der Menschenwürde“, sagt die grüne Innenpolitikerin Silke Gajek. Zumindest müsse die Landesregierung den Flüchtlingen die Haftgebühren von 76 Euro pro Person und Tag zurückerstatten. KVA