: Potsdam kann anders
VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Potsdam kann nicht nur preußisch, historisch und geldadelig. Es kann auch anders. Das erfolgreiche Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau der barocken Garnisonkirche ist ein Signal in Sachen „Direkte Demokratie“. Zugleich bedeutet es einen Richtungswechsel in der Planungskultur der Stadt. Denn zum einen eröffnet das Ergebnis den Potsdamern den Weg in den Bürgerentscheid. Hätte dieser Erfolg, müsste die Landeshauptstadt sich aus dem Projekt zurückziehen. Das Ende der anvisierten Neo-Soldatenkirche wäre besiegelt.
Zum anderen setzt das Referendum einen Kontrapunkt gegen die historisierende Stadtentwicklung. Die Initiatoren von „Potsdam ohne Garnisonkirche“ haben wenig übrig für unzeitgemäße Symbolik und viel für moderne Architekturen – bislang Leerstellen im Stadtgrundriss.
Neue Planungskultur
Entscheidend ist schließlich, dass das erfolgreiche Bürgerbegehren wieder die Frage aufwirft: „Wem gehört Potsdam?“ Seit Jahren gibt eine Melange aus Landes- und Stadtfürsten sowie wohlhabenden Bürgern und Mäzenen ihr Interesse als politisches und bauliches Programm für die ganze Stadt aus und – siehe Schloss et cetera – setzt dieses stur durch. Kritik daran galt, ja gilt als Nestbeschmutzung und Undankbarkeit, wohl wissend, dass das barocke Potsdamer Gesamtkunstwerk als Konzept erstarrt ist.
Das Bürgerbegehren ist somit zum Synonym für die dringend nötige Revision in den Fragen der Stadtentwicklung geworden. Die Unwucht im demokratischen Kräfteverhältnis hat dort schon zu viel verschlissen. Vielleicht läuft Potsdam bald wieder runder.