Ahtisaari ist in Belgrad nicht willkommen

Der UN-Vermittler legt seinen bislang geheim gehaltenen Plan für den zukünftigen Status des Kosovos vor. Der serbische Regierungschef will ihn nicht empfangen. Die Koalitionsverhandlungen in Belgrad werden dadurch weiter erschwert

AUS BELGRAD ANDREJ IVANJI

Der UN-Vermittler Martti Ahtisaari will heute in der serbischen Hauptstadt Belgrad und anschließend in Priština seine Pläne für die Zukunft des Kosovos vorlegen. Der serbische Regierungschef Vojislav Koštunica stellte bereits im Vorfeld klar, er werde Ahtisaari nicht empfangen. Sein Büro gab bekannt, nach den Wahlen vom 21. Januar habe Koštunica nicht das Mandat dazu. Ahtisaari solle sich gefälligst „beruhigen“ und abwarten, bis die neue serbische Regierung gebildet sei. Ahtisaari behandle Serbien wie einen „Kolonialstaat“, der bedingungslos alles hinnehmen müsse, erklärte Andreja Mladenović, Pressesprecher von Koštunicas Demokratischer Partei Serbiens (DSS).

Den schwarzen Peter zog Staatspräsident Boris Tadić, der sich bereit erklärte, den in Serbien unbeliebten finnischen Diplomaten zu treffen. Serbien dürfe sich nicht selbst aus dem Verhandlungsprozess ausschließen, hieß es in Tadićs Demokratischer Partei (DS).

Bis zum letzten Augenblick hat Ahtisaari seinen Plan für die seit 1999 von der UNO verwaltete südserbische Provinz geheim halten. Statt die Lage zu entspannen, lasse diese „Geheimnistuerei“ jedoch viel Raum für wilde Spekulationen und löse eine noch größere Aufregung in der Region aus, meinen einige Beobachter. Sowohl serbische als auch albanische Medien verwirren die von der Ungewissheit geplagte Bevölkerung. Täglich sickern „zuverlässige“ Informationen über die Details des Dokuments durch, das als Grundstein für die Lösung der Statusfrage des Kosovos dienen soll. Die albanische Mehrheit im Kosovo fordert die Unabhängigkeit; die Regierung in Belgrad lehnt dies ab.

Nach Angaben des US-Senders Voice of Amerika soll Ahtisaaris Plan zufolge der Kosovo künftig neben den Nato-Truppen auch eigene, 2.500 Mann starke leicht bewaffnete Sicherheitskräfte haben. In einer Sendung in albanischer Sprache hieß es weiter, in der ethnisch geteilten Stadt Kosovska Mitrovica würden die Serben im nördlichen und die Albaner im südlichen Stadtteil eine eigene Gemeinde, und andere serbische Enklaven größere kulturelle Befugnisse bekommen. Neben Albanisch solle auch Serbisch offizielle Sprache sein, Kosovo werde eine eigene Verfassung, Fahne und Wappen haben. Serbische Zeitungen schreiben über „Schutzzonen“ für die serbisch-orthodoxen Kirchen und Klöster und einer serbischen Polizei und Justiz in mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden.

Nun warten alle gespannt darauf, ob oder wie das „magische“ Wort „Unabhängigkeit“ verwandt wird. Gleich, ob es mit dem Adjektiv „bedingt“, oder „kontrolliert“ versehen wird, wollen viele Serben die Koffer packen, falls Kosovo ein unabhängiger Staat wird. Andernfalls werden Massenproteste der Kosovo-Albaner befürchtet. Die internationale Friedenstruppe im Kosovo, KFOR, befindet sich im erhöhten Bereitschaftszustand.

Die Kosovo-Frage stellt auch die Koalitionsverhandlungen in Serbien vor Probleme. In der Plattform von Koštunicas DSS steht, jeder Staat, der die Unabhängigkeit des Kosovos anerkenne, müsse mit ernsthaften Folgen für die Beziehungen mit Serbien rechnen. Dies gelte insbesondere für die Nato-Staaten, denn das würde heißen, dass die Nato Serbien 1999 nur bombardiert habe, um Kosovo „rauben“ zu können. Eine demokratische Regierung kann nur durch ein Abkommen zwischen DS und DSS gebildet werden. Analysten meinen, Tadićs prowestliche DS könne die harte Haltung der DSS nicht akzeptieren. Daher sind eine Koalition der DSS mit der ultranationalistischen, antieuropäischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) oder Neuwahlen nicht ausgeschlossen.