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■ KommentarEinzeltäter-Syndrom

Da erhebt eine junge afro-deutsche Bürgerin den Vorwurf, von einem Polizisten wegen ihrer Hautfarbe schlecht behandelt und mit rassistischen Sprüchen eingedeckt worden zu sein. Doch Politik und Polizeiapparat vertuschen den Vorfall. Da erheben vor Jahren mehrere Bürger schwere Vorwürfe gegen den Chef der sogenannte E-Schicht am Lerchenrevier, von seiner Truppe mißhandelt und schwer verletzt worden zu sein. Wieder versucht die Polizeiführung, die Vorfälle unter den Tisch zu kehren. Dem beschuldigten Polizisten werden sogar noch Sonderaufgaben am Kirchenalleerevier übertragen, bis seine rassistischen Machenschaften aufgedeckt werden.

Krampfhaft sich wird dann bemüht, die Strukturdefizite in der Polizei als die Untaten einzelner geistig Verirrter darzustellen. In der jüngsten Affäre steht der eigentliche Skandal wieder einmal hinter dem Skandal. Denn Polizeipräsident Arved Semerak ist die umstrittene Broschüre und der Verfasser nach taz-Informationen bereits seit zehn Tagen bekannt, als ihm die Hetzschrift bei einem Besuch übergeben wurde.

Es geschah nichts. Erst als die Medien auf die Affäre aufmerksam wurden, begann im Polizeipräsidium ein hektisches Treiben. Und wieder einmal wird versucht, die Affäre als Tat eines einzelnen darzustellen.

Wann werden Polizei und Politik endlich von den Vertuschungs-Strategien Abschied nehmen? Denn mittlerweile müßte selbst dem dümmsten Politiker und dem letzten Polizeioffizier klar geworden sein: Irgendwann kocht die dumpfbraune Soße sowieso hoch.

Kai von Appen

Siehe Bericht Seite 22

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