: „Das is ja cool“
■ 40 Festnahmen und 38 Platzverweise beim „Chaostag“ im Ottenser „Mercado“
„Macht Mercado zu Muroroa“: Wortgewaltig war das „Chaos“ für den ersten verkaufsoffenen Weihnachts-Samstag im umstrittenen Ottenser Einkaufszentrum „Mercado“ angekündigt worden. Hemmungslos wurde zum „Plündern und Rauben“ und zum „Schokokußwettessen bei Safeway“ aufgerufen. Doch aus dem großen „Chaostag“ wurde nichts.
Da die Polizeiführung den Protest gegen den „Scheiß Yuppi-Konsumtempel“ nicht so recht hatte einordnen können, war ein Großaufgebot an PolizistInnen aufmarschiert, die an den Eingängen Gesichtskontrollen durchführten oder Hausverbote erteilten. Zu ihnen gesellten sich rudelweise privat engagierte Aufpasser in zivil.
Als es am späten Nachmittag dennoch drei Punk-Mädels gelang, bei H&M shoppen zu gehen, machte die Polizei kurzen Prozeß. Gegen 38 Punks, die vor „Mercado“ auf Sofas herumlümmelten, sprachen die BeamtInnen – direkt aber freundlich – „Platzverweise“ aus. Bis 18.30 Uhr sollten sich die Jugendlichen nicht mehr blicken lassen, sonst gehe es „ab in die Zelle“. „Das is' ja cool“, himmelte eine 16jährige den Polizisten mit verträumten Augen an, als dieser ihr die Rechtsmittelbelehrung aufsagte und die Punks aufforderte: „Und nehmt bitte die Sofas wieder mit.“
Doch als es dann wenig später 50 Jugendlichen gelang, die Ordnungsmacht doch zu überlisten, war Schluß mit lustig. Die Punks hatten sich durch den Lieferanteneingang Zutritt verschafft. Die PolizistInnen bemerkten den Überraschungscoup erst, als im Hinterausgang eine Seenot-Rettungsrakete gezündet wurde. Bei der „Flucht“ und einer anschließenden Jagd durch Ottensen nahm die Polizei 40 junge Männer und Frauen fest, die, so ein Polizeisprecher in der Nacht, nach Ladenschluß „sukzessive“ wieder freigelassen wurden.
Hektik dann noch einmal in der Nacht zum Sonntag am Bauwagenplatz Gaußstraße. Weil die Zufahrt zugeparkt war, hatten Bewohner den Falschparker nach Polizeiangaben einfach mit einem Trecker beiseite in andere parkende Autos gedrückt und sich dann aus dem Staub gemacht. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an, doch der Trecker war unauffindbar.
Kai von Appen
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