: Abbruchstimmung im Karoviertel
■ Die Lama-Häuser werden abgerissen / Sterni-Park e.V. gibt auf, Spekulant Rabels reibt sich die Hände, der schwarze Peter wandert Von Heike Haarhoff
Dem jahrelangen Streit um die LaMa-Häuser (Laieszstraße/Marktstraße) im Karolinenviertel droht nun ein spektakuläres Ende: „Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als sie abzureißen“, bedauert Sternipark-Geschäftsführer Jürgen Moysich. Die Genehmigung liegt schon vor, auch das Denkmalschutzamt hat die Unterschutzstellung wieder verworfen: Der jahrelange Leerstand hat der maroden Bausubstanz – die LaMa-Häuser zählen zu den ältesten im Karo-Viertel – den Rest gegeben.
Ein Abbruch sei zwar „politisch unklug, aber irgendwann fallen die Dinger eben zusammen“, appellierte Moysich vor wenigen Tagen an Peter Gero, Baudezernent im Bezirksamt Mitte, die scheinbare Tatenlosigkeit des Bezirks zu beenden: Der weigert sich standhaft, den vor eineinhalb Jahren geschlossenen Kaufvertrag zwischen Rabels und Sternipark e.V. – er will hier eine Kindertagesstätte mit 84 Plätzen einrichten – abzusegnen: „Wir müssen ungerechtfertigte Wertsteigerungen vermeiden“, erklärte Peter Gero bereits Ende September gegenüber der taz und verwies auf das Baugesetzbuch. Danach ist die Zustimmung des Bezirks bei Hausverkäufen in Sanierungsgebieten unerläßlich, um Spekulationsgeschäfte zu unterbinden. Denn Rabels erdreistete sich, 570 000 Mark für eine Hütte zu verlangen, die ihn selbst samt Grundstück weniger als die Hälfte gekostet hat. Sternipark unterzeichnete den Wucher-Vertrag – und hat seitdem das Nachsehen: Der Umbaubeginn ist in weite Ferne gerückt, weil selbst der bezirkliche Widerspruchsausschuß zu keiner Entscheidung kommt.
Währenddessen aber verfällt das Bauwerk und wird inzwischen unter Obdachlosen in Hamburg als begehrte Adresse gehandelt: „Wenn dort eine Person zu Schaden kommt, haften wir“, seufzt Moysich – seit Vertragsunterzeichnung de facto Besitzerin und damit verantwortlich für die Sicherung des Gebäudes. Auch Rüdiger Dohren-dorf, Sprecher der im Karo-Viertel als Sanierungsträgerin tätigen Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg), sieht für eine baldige Einigung schwarz: „Rabels müßte entweder mit den Forderungen runtergehen oder die Nutzungsfläche, an der sich der Kaufpreis orientiert, vergrößern.“ Doch der Immobilien-Spekulant läßt die Zeit für sich arbeiten: Ist das Gebäude abgerissen, würde der Verkauf an Sternipark nichtig und er könnte er dort laut Erneuerungskonzept ein sechsstöckiges, frei finanziertes Wohnhaus errichten: Luxus-MieterInnen hallo, dringend benötigte Kita-Plätze ade.
„Der schwarze Peter liegt beim Bezirk“, schilt Dohrendorf. Der hätte nämlich über die Zweckentfremdungsverordnung und Bußgelder Rabels dazu zwingen können, den Leerstand zu beenden. „Gegen Leerstand können wir nur vorgehen, wenn sich die Räume zum Wohnen eignen“, fühlt sich Thomas Wiedl, stellvertretender Leiter des Einwohneramtes, nicht zuständig und leitet den Fall an die Bauprüfabteilung weiter. Die erließ bereits im Februar 1994 ein Neubaugebot – gegen das Rabels vor Gericht zog. „Eine Patentlösung habe ich auch nicht“, sagt ein hilfloser Bezirksamtsleiter Rolf Miller. Der Zahn der Zeit scheint ihm die Lösung des Problems abzunehmen.
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