: Entdeckungsrisiko am Labortisch
■ Gentechnik-Hochburg Hamburg: Umweltbehörde will künftig mit neuem Überwachungssystem ganz doll kontrollieren
Razzia im Genlabor. Die Kontrolleure kommen unangemeldet, nehmen Proben direkt vom Labortisch und analysieren sie im neuen Rothenburgsorter Überwachungslabor der Umweltbehörde. So soll überprüft werden, ob die Wissenschaftlerinnen aus Industrie und Forschung tatsächlich mit den gentechnisch manipulierten Organismen arbeiten, die sie in ihren Genehmigungsanträgen ausgewiesen haben.
„Das Entdeckungsrisiko führt zu weniger Verstößen gegen das Gentech-Gesetz“ begründet Umweltsenator Fritz Vahrenholt die unangemeldeten Routinekontrollen, bei denen – erfreulicherweise – bislang „wenig rübergekommen“ sei. Vahrenholt: „Soll Hamburg zu einem Forschungsschwerpunkt für Gentechnik ausgebaut werden, so ist es unverzichtbar, diese Technologie auf möglichst hohem Niveau überwachen zu können“.
Denn der Gentech-Boom macht auch vor der Hansestadt nicht halt: Nach Heidelberg, Berlin, München und Köln mausert sich Hamburg derzeit zur Gentechnik-Hochburg Nummer fünf. Zur Zeit sind in der Hansestadt 88 entsprechende Forschungsanlagen mit insgesamt 708 Laborräumen angemeldet – darunter auch drei Anlagen, die erst im kommenden Sommer ihren Betrieb aufnehmen werden. Dann soll das Eppendorfer „Zentrum für molekulare Neurobiologie“ in Betrieb gehen und das gentechnische Forschungsspektrum komplettieren.
Mehr als 98 Prozent aller Forschungslabore sind ausschließlich für die beiden niedrigsten Gentech-Sicherheitsstufen S1 und S2 zugelassen. Neben dem Institut für organische Chemie verfügt seit wenigen Wochen auch das Heinrich-Pette-Institut über Laborräume der höchsten in Deutschland bislang in Betrieb genommenen Sicherheitsstufe S3. Die Virologen wollen hier im Rahmen der AIDS-Forschung mit genetisch veränderten HIV-Viren experimentieren.
Neben den universitären Forschungseinrichtungen hantieren auch diverse Hamburger Privat-Firmen mit erbgutveränderten Organismen: allen voran der Hamburger Fortpflanzungsmediziner Freimut Leidenberger und die Eimsbüttler Beiersdorf-Filiale.
Marco Carini
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