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Die grünen Fusionsgegner mobilisieren

Vor dem Landesparteitag am 24. Februar werden bei den Bündnisgrünen die Stimmen derer lauter, die der Fusion ablehnend bis skeptisch gegenüberstehen. Bislang Mehrheit für Länderehe  ■ Von Severin Weiland

Knapp eine Woche vor ihrer Landesdelegiertenkonferenz ist bei den Bündnisgrünen das Fusionsfieber ausgebrochen. Gegner, Vermittler und Befürworter des Projekts legen den 140 Delegierten am 24. Februar gleich drei Anträge zur Abstimmung vor.

Nach der Bildung der Großen Koalition und der katastrophalen Haushaltslage sei die Skepsis offenbar gewachsen, sucht der Landesgeschäftsführer Michael Wartenberg nach einer Erklärung für das plötzlich erwachte Interesse. Daß die Partei doch noch in einem Boot mit den Fusiongegnern der PDS oder dem bündnisgrünen Brandenburger Landesverband gegen das Projekt anrudern könnte, gilt intern allerdings als unwahrscheinlich. Erst am Sonntag hatte sich der Berliner Landesvorstand mit fünf zu drei Stimmen für ein Ja zur Fusion ausgesprochen. Zwar verstehe man die Beweggründe der Gegner, auch sei der Staatsvertrag ein „Kompromiß auf dem niedrigsten Niveau“, hieß es in einer Erklärung. Zwei Länder würden aber zu Fehlentwicklungen führen, wie sie sich schon mit der Bildung des Speckgürtels rund um Berlin abzeichneten.

Auch innerhalb der Abgeordnetenhausfraktion sind die Befürworter eindeutig in der Überzahl. Ende Januar votierten von den anwesenden grünen Parlamentariern achtzehn für das neue Land Berlin- Brandenburg, nur sechs waren dagegen, drei enthielten sich. Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Wachsmuth sieht daher dem Parteitag gelassen entgegen. Je näher der 5. Mai, der Tag der Volksabstimmung über den Staatsvertrag rücke, „um so genauer sehen halt manche bei uns hin“. Überraschung löste aber die kürzlich erfolgte Kehrtwende von Christian Ströbele, Mitglied im Landesvorstand, aus. Seiner Partei empfiehlt er nun, sich in der Frage am besten gar nicht erst festzulegen. Ein Schlingerkurs, dem im übrigen ein Antrag der Bezirksgruppe Steglitz folgt. Ihr Vorschlag: Zusammen mit den Brandenburger Bündnisgrünen wird eine Broschüre erstellt, in deren Einleitung keine Empfehlung für ein Abstimmungsverhalten der Bevölkerung gegeben wird.

Dagegen halten die Fusionsgegner Judith Demba und Ida Schillen, beide Abgeordnete, den Staatsvertrag zu den „jetzt fixierten Bedingungen“ für unakzeptabel. Brandenburg drohe der „Hinterhof“ und „Vorgarten“ Berlins zu werden. Kritik üben sie vor allem an dem Umstand, daß eine Finanzkommission von SPD und CDU weitere Einsparvorhaben im Berliner Haushalt erst Ende Mai konkretisieren soll – also Wochen nach der Abstimmung. Festhalten am bisherigen Pro-Fusions-Kurs will eine maßgebliche Gruppe um den umweltpolitischen Sprecher Hartwig Berger und dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Wieland. Trotz aller Defizite hätten die Grünen umweltpolitische Ziele in die Präambel des Staatsvertrages und in der Landesplanung durchsetzen können. Nur ein gemeinsames Land, so ihre Argumentation, könne die anstehenden Probleme bei der Raumplanung, im Verkehrs-, Bildungs- und Gesundheitswesen regeln. Auch ihnen ist allerdings klar, daß mit „Holzhammermethoden“ und „illusionären Erwartungen“ nicht geworben werden kann. Gefragt sei daher eine grüne Kampagne, die eine „differenzierte Urteilsbildung“ der Bürger ermögliche.

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