■ Mit der Messebranche auf du und du: Großes Gerangel
Leipzig (taz) – Alles andere als freudige Erwartung herrscht bei der Konkurrenz angesichts der Neuen Leipziger Messe. Der Markt ist dicht. Neben den fünf Großen – Hannover, Frankfurt, Köln, Düsseldorf und München – kämpfen Berlin und Leipzig sowie zahlreiche kleine Messegesellschaften um Besucher und Aussteller. Immerhin finden mehr als 100 von 400 international bedeutenden Veranstaltungen hierzulande statt.
Mit einer Hallenfläche von etwas über 100.000 Quadratmetern wird Leipzig schon rein räumlich nicht zu den ganz Großen gehören. Hannover verfügt über fast die fünffache Fläche, Frankfurt und Köln haben weit über 250.000 Quadratmeter anzubieten. Auch bei Umsatz, Besucher- und Ausstellerzahlen können die Sachsen nicht mithalten.
Doch allein schon ihre Tradition macht die Stadt Leipzig zu einer respektablen Konkurrentin. „Mutter aller Messen“ nennt sie sich selbstbewußt mit Verweis auf das älteste Messeprivileg der Welt, das Markgraf Otto der Reiche im Jahre 1165 verlieh. Jahrhundertelang war Leipzig der bedeutendste Warenumschlagplatz Deutschlands, hier wurde das Konzept der Mustermesse erfunden.
Durch die Eröffnung der Neuen Messe Leipzig wird der Kampf in der Ausstellerbranche noch verschärft werden; schon jetzt versucht man sich gegenseitig Messen abzuwerben. Das Messegeschäft steckt allgemein in einer Phase der Stagnation, denn die ausstellenden Unternehmen schauen genauer auf ihr Messebudget, verkleinern ihre Stände und gehen nur noch auf ausgewählte Veranstaltungen.
Verständlich, daß die Marktführer nervös werden, wenn ein alter Konkurrent in neuer Frische zurückkehrt. Da wird dann schon mal darüber gegiftet, daß der Bund 300 Millionen Mark nach Leipzig pumpt, obwohl es doch im Westen genug Messehallen gebe. Doch fleißig gewerkelt wird auch dort. München will Anfang 1998 ein neues, 2,3 Milliarden Mark teures Areal eröffnen, Stuttgart baut ebenfalls neu, und auch Berlin und Hannover investieren. Rund sechs Milliarden fließen bis zum Jahr 2000 in den Ausbau deutscher Messehallen, die derzeitige Fläche von zwei Millionen Quadratmeter wird um zehn Prozent erweitert.
Ob dies überhaupt gebraucht wird, weiß niemand. In Asien setzt man schon lange auf kleine Veranstaltungen. Und Visionäre stellen sich bereits Messen im Internet vor: Die Besichtigung der Produkte erfolge dann im Cyberspace, bestellt werde per E-Mail. Toralf Staud
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