: Waffen für Indonesien
■ Schweden hebt Exportstopp auf, trotz eines von der EU wegen des Ost-Timor-Konflikts empfohlenen Boykotts
Stockholm (taz) – „Wir sind schockiert über diese Änderung der schwedischen Außenpolitik“, stellte gestern die Gruppe „Parlamentarier für Ost-Timor“ fest, der über 850 Volksvertreter aus 36 Ländern angehören. Der Grund: die Lieferung von drei Kanonen an Indonesien durch den Waffenkonzern Bofors. Die schwedische Regierung hat dazu am 18. April die Genehmigung erteilt und beendete damit einen zehnjährigen Exportstopp, obwohl das EU-Parlament Indonesien weiterhin auf der Boykottliste führt.
„Mehr als ein Drittel der Bevölkerung Ost-Timors ist während der illegalen Okkupation durch Indonesien getötet worden. Weiterhin Waffen zu liefern heißt, diesen Völkermord zu unterstützen“, protestieren die ParlamentarierInnen. Aus Regierungskreisen ist zu hören, daß man die Genehmigung habe erteilen „müssen“. Der Bofors-Konzern lieferte in den siebziger und achtziger Jahren große Mengen an Waffen nach Indonesien, dem damals besten Kunden für Schwedens Waffenschmieden. Bofors habe sich dabei vertraglich zu Nachfolgelieferungen verpflichtet, um überhaupt den Zuschlag zu erhalten.
Dieses Argument wollen die KritikerInnen des Waffengeschäfts nicht gelten lassen. Vertragliche Verpflichtungen einer Waffenfirma könnten die Genehmigungsprozedur der Regierung nicht bestimmen. Mit dem Antritt der Regierung von Gunnar Persson vor zwei Monaten habe es einen Richtungswechsel gegeben, sagt der Vorsitzende der größten schwedischen Friedensorganisation „Svenska Freds“, Magnus Jiborn. Bofors scheint dies ähnlich zu sehen und offerierte jetzt auch Dubai, die Lieferung von Ersatzteilen für Waffensysteme. Das Delikate an diesem Angebot: Für alle Länder des Mittleren Ostens besteht ein schwedisches Waffenexportverbot und – schlimmer noch – die Waffen, auf die sich der Ersatzteilhandel bezieht, waren vor einigen Jahren über Singapur nach Dubai geschmuggelt worden – wovon Bofors nichts gewußt haben wollte. Noch ein weiteres Geschäft hat offenbar gute Chancen, genehmigt zu werden: die Lieferung eines militärischen Radarsystems an Pakistan durch den Ericsson-Konzern. Indien und Pakistan gelten wegen des Konflikts in Kaschmir als derzeit kriegsgefährdetste Region in Asien. Hier hat Schweden allerdings eine Tradition zu verteidigen: Man rüstete schon in den siebziger und achtziger Jahren beide Seiten kräftig auf. Reinhard Wolff
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