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Grüne: Diepgen war der Kollaborateur

■ Bündnisgrüne nennen Diepgen wegen Verschwendungen bei Olympiabewerbung den „Paten hinter Nawrocki“. Diepgen macht Grüne für Schaden verantwortlich. Tumulte im Abgeordnetenhaus

Tumult und ein angedrohter Mißtrauensantrag der Bündnisgrünen gegen den Regierenden Bürgermeister kennzeichneten gestern die Debatte über die Olympiabewerbung im Abgeordnetenhaus. Zu lautstarker Unruhe kam es, als Fraktionssprecher Wolfgang Wieland die Millionenverschwendungen bei der Olympiabewerbung Berlins brandmarkte. Diepgen sei „nicht Kontrolleur, sondern Kollaborateur“ von Olympia- GmbH-Geschäftsführer Axel Nawrocki gewesen. Diepgen wies alle Schuld von sich und räumte lediglich ein, daß die Olympia GmbH „den Anforderungen des Zuwendungsrechts nicht gerecht geworden ist“. Es verlange größte Selbstbeherrschung, sagte der Bürgermeister, die Fragen der grünen Abgeordneten Judith Demba zu beantworten, „weil sie mit Sicherheit in kriminelle Machenschaften verstrickt“ sei.

Insgesamt hatten der Bund und das Land für die Olympiabewerbung mehr als 50 Millionen Mark bereitsgestellt. Der Landesrechnungshof hatte vergangene Woche einen Millionenschaden in einem 150seitigen Gutachten nachgewiesen – soweit die Etat-Kontrolleure den buchhalterischen Torso von Geschäftsführer Axel Nawrocki überhaupt entwirren konnten. Unterlagen waren teilweise im Reißwolf verschwunden, Millionenaufträge nur mündlich erteilt worden. Der Bund der Steuerzahler hat inzwischen Strafanzeige gestellt.

In Eberhard Diepgens Augen liegt die Schuld für die mißlungene und teure Bewerbung ausgerechnet darin, daß „die Olympia GmbH eine der am stärksten kontrollierten Aktivitäten Berlins“ gewesen sei. Das habe zu der durch die Grünen monierten „Verschleppungsstrategie“ durch die GmbH und Senatskanzlei geführt, meinte er unter dem Gelächter der Oppositionsfraktionen.

Diepgen hatte, was ihm der Rechnungshof vorwirft, als Aufsichtratsvorsitzender seinem Angestellten Axel Nawrocki die Entlastung für alle Vorgänge vorbehaltlos erteilt. Gestern fragte der Regierende die Grünen, wie sie sich „angesichts der damaligen Drohungen der militanten Anti- Olympia-Bewegung“ über die teuren Sicherheitsvorkehrungen für die IOC-Mitglieder lustig machen könnten.

Die Bündnisgrünen attackierten den Bürgermeister ungewöhnlich scharf, was schon zu Beginn der Sitzung im Abgeordnetenhaus zu Tumulten führte. Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) entzog der Grünen-Abgeordneten Judith Demba das Wort, als sie eine Aktuelle Stunde beantragte. Die CDU-Fraktion johlte – und lehnte Dembas Antrag ab. Demba begründete später ihre große Anfrage damit, daß „Nawrocki und seine Crew mit unglaublicher Dreistigkeit die Steuergroschen der Berliner verteilt“ hätten. Der Rechnungshofbericht lese sich wie eine Anklageschrift gegen die Olympia GmbH.

Fraktionssprecher Wieland sagte, Diepgen sei „der Pate“ hinter Nawrocki gewesen. „Ich werde meiner Fraktion vorschlagen, einen Mißtrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister einzubringen“, kündigte der Rechtsanwalt an. Christian Füller

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